Worum es geht

Beschreibung

Das Thema des ungleichen Paares wurde in der Literatur schon seit den Komödien des antiken Dichters Plautus bis hin zu Sebastian Brant als Moralsatire aufgegriffen. Durch die druckgraphische Verbreitung gewann das Motiv nördlich der Alpen im letzten Viertel des 15. Jahrhunderts an großer Beliebtheit. Die Darstellungen reflektierten die Lebensweise der Ständegesellschaft und deren Ordnung sowie die vorherrschenden Moralvorstellungen. Einer der ersten Kupferstiche von Albrecht Dürer zeigt die Zusammenkunft einer jungen, gut situierten Dame und eines älteren Herrn am Waldrand außerhalb der Stadt. Dies erinnert zunächst einmal an die Darstellung von Liebesgärten im 15. Jahrhundert. Dass Dürer bei seiner Darstellung kein verliebtes Paar darstellt, wird schnell deutlich: Die Gesten der Protagonisten deuten an, dass es sich um keine wahre Liebe handelt, sondern um eine käufliche Beziehung. Der Alte holt mit seiner runzligen Hand Geld aus seinem Beutel und steckt es der jungen Frau zu, die es willig annimmt. Während die Kleidung der Frau, mit üppiger Haube und enganliegendem Mieder, der neuesten Mode entspricht, wird die Darstellung des Herrn durch den altmodischen Tappert, seinem Pelzhut auf dem Boden und den überspitzten Schuhen, ins Lächerliche gezogen - und somit auch die Liebestollheit des Alten. Dürer zeigt durch weitere Elemente seine ikonographische Erfindungsgabe: Der Beutel des Mannes hängt mit zwei kleinen Säckchen direkt vor seinem Schoß, während sich das Pferd lustvoll an einem Baum reibt. Der steil nach oben stehende abgebrochene Ast, an dem das Tier angebunden ist, erinnert an ein Phallussymbol, das man auf eine Metapher des Jeremia beziehen kann: »Ein jeglicher wiehert nach seines Nächsten Weibe wie die vollen, müßigen Hengste« (Jeremia 5,8). Ungleiche Paare findet man nicht nur bei Dürer in weiteren Kupferstichen wie Das Liebespaar und der Tod (Inv. Nr. A 3426), sondern auch in der Druckgraphik von Hans Baldung Grien und Hans Sebald Beham. [C.Spehle/HMK] Ausstellung: »Albrecht Dürer und Lucas van Leyden. Kunst und Leben um 1500«, 2015/16

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