Ordner und Unterlagen liegen auf einem Tisch

Provenienzforschung

Provenienzforschung an der Staatsgalerie Stuttgart

Seit 2009 forscht die Staatsgalerie Stuttgart gemäß den Grundsätzen der Washingtoner Prinzipien proaktiv und systematisch zur Provenienz ihrer Sammlung. Im Fokus stehen dabei vor allem Kunstwerke, die vor 1945 entstanden sind und nach 1933 in die Sammlung kamen.

Die Staatsgalerie ist eines der wenigen Museen in Deutschland, das eine unbefristete Stelle für Provenienzforschung eingerichtet hat. So ist die Forschung zur Herkunft eines Kunstwerkes fest in die Abläufe der Museumsarbeit eingebunden. Sei es die Überprüfung der Werke im Leihverkehr, bei Neuerwerbungen für die Sammlung oder bei Sonderausstellungen: für jedes Werk wird eine möglichst lückenlose Dokumentation aller Provenienzen erarbeitet. Die Erforschung der einzelnen Kunstwerke ist stets eng mit der Aufarbeitung der Institutions- und Sammlungsgeschichte verbunden.

Ansprechpartnerin

Johanna Poltermann

T +49 711 470 40-462
johanna.poltermann@staatsgalerie.bwl.de

Erwerbungspolitik der Staatsgalerie im Nationalsozialismus

Zoom-Vortrag über die Staatsgalerie im Nationalsozialismus anlässlich 25 Jahre Washingtoner Erklärung.

Am 3. Dezember 1998 wurde die Washingtoner Erklärung unterzeichnet, die Prinzipien in Bezug auf Kunstwerke, die zwischen 1933 und 1945 von den Nationalsozialisten beschlagnahmt worden waren, festlegt. Seit 2009 forschen wir in der Staatsgalerie auf dieser Grundlage systematisch zur Herkunft unserer Sammlung. Aus Anlass des 25. Jubiläums der Washingtoner Konferenz werden nun die ersten Provenienzen in unserer Sammlung Digital veröffentlicht. 

Wie sah die Erwerbungspolitik der Staatsgalerie im Nationalsozialismus aus? Anhand ausgewählter Beispiele beantwortet unsere Provenienzforscherin Johanna Poltermann die Frage.

Provenienzen online

Die Staatsgalerie Stuttgart veröffentlicht ab sofort erste Provenienzforschungsergebnisse in ihrer Sammlung Digital. Wir gehen in einem ersten Schritt mit den Erwerbungen der Staatsgalerie zwischen 1933 und 1945 online. Es handelt sich um insgesamt 310 Gemälde und Plastiken, deren Provenienzen nun abrufbar sind.

Zu den Hintergründen des Projektes Provenienzen online

Zu den 310 veröffentlichten Provenienzen.

Restitutionen

Werden im Zuge der Provenienzforschung Kunstwerke identifiziert, die zur Zeit des Nationalsozialismus unrechtmäßig enteignet wurden, bemüht sich die Staatsgalerie in enger Zusammenarbeit mit den rechtmäßigen Erbinnen und Erben um gerechte und faire Lösungen.

Seit 2003 wurden bislang 14 Gemälde und Zeichnungen restituiert, also an die Erbinnen und Erben zurückgegeben.

In Kürze erhalten Sie an dieser Stelle weitere Informationen zu den bisherigen Restitutionen.

Auch Dauerleihgeber der Staatsgalerie wie der SWR und die Freunde der Staatsgalerie e.V. haben bereits Werke an rechtmäßige Erbinnen und Erben zurückgegeben. Dank einer Förderung durch das Deutsche Zentrum Kulturgutverluste erfolgte von 2019 bis 2022 die systematische Erforschung der Sammlungsbestände der Freunde der Staatsgalerie e.V. Mehr zum Projekt unseres Fördervereins finden Sie hier.

Lost Art

Fundmeldungen

Kunstwerke mit fragwürdiger Provenienz, bei welchen sich Raub oder verfolgungsbedingter Verlust in der NS-Zeit nicht endgültig ausschließen lassen, werden sukzessive als Fundmeldung in der Datenbank Lost Art veröffentlicht.

Suchmeldungen

Die Staatsgalerie verzeichnet wie nahezu jedes Museum in Deutschland zahlreiche Kriegsverluste. Während des Zweiten Weltkrieges wurden Kunstwerke zum Schutz in mehreren Auslagerungsorten in Baden-Württemberg sichergestellt. Teilweise sind die Werke dennoch der Kriegseinwirkung zum Opfer gefallen oder unrechtmäßig am Auslagerungsort entwendet worden. Die Staatsgalerie hat diese Kriegsverluste als Suchmeldung in der Datenbank Lost Art eingestellt. Aufgrund der unzureichenden Quellenlage ist die tatsächliche Zahl der Kriegsverluste heute nicht mehr vollständig recherchierbar. Nach aktuellem Forschungsstand gehen wir von mehr 800 vermissten Kunstwerken aus.

Neues Projekt – gefördert vom Deutschen Zentrum Kulturgutverluste

Die »Dr. and Mrs. Max Stern Foundation« ersucht die Staatsgalerie seit November 2022 um Rückgabe des Gemäldes »Darstellung Christi im Tempel«, Anonym Schwäbisch, um 1470 (Inv. Nr. 2404). Die Provenienz des Gemäldes ist bislang nicht ausreichend erforscht worden. Das Land Baden-Württemberg und die Staatsgalerie sind sich ihrer moralisch-ethischen Verantwortung bewusst und möchten jedem Auskunfts- oder Rückgabeersuchen schnellst möglich nachkommen. Da aufgrund des hohen Arbeitsaufkommens aktuell keine zeitnahe Bearbeitung erfolgen könnte, hat sich die Staatsgalerie entschlossen, die hier notwendige Recherche als kurzfristiges Projekt beim Deutschen Zentrum Kulturgutverluste zu beantragen. Erfreulicherweise ist Förderzusage eingetroffen. Ziele des kurzfristigen Projekts sind die umfassende Provenienzforschung zum Werk sowie die Erstellung eines ausführlichen Provenienzdossiers. Das zu erstellende, wissenschaftlich fundierte Dossier bildet die Grundlage für die Bewertung des Rückgabeanspruchs auf Ebene des Vorstands der Staatsgalerie und des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg. Die Findung einer etwaigen »gerechten und fairen« Lösung wird auf Basis des Dossiers erst ermöglicht. Voraussichtlich ab August 2023 wird eine externe Provenienzforscherin diesen Restitutionsanspruch bearbeiten.

gefördert vom

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