Porträt eines Mannes mit Turban in einem Innenraum mit Büchern und einem Globus

Das Werk Rembrandts (1606-1669) ist von zentraler Bedeutung für die englische Kunst des 18. Jahrhunderts. Die expressive Lichtregie seiner Gemälde und das radikale Chiaroscuro seiner Radierungen wurden verglichen mit der aufkommenden Drucktechnik des Mezzotinto. Insbesondere Rembrandts Porträts wurden intensiv adaptiert und reproduziert. Ein Beispiel hierfür ist dieses Werk von einem der herausragendsten Schabkünstler, William Pether (um 1738-1821), aus dem Jahr 1775. Die Vorlage, also das Gemälde von Rembrandt, ist heute nicht mehr verifizierbar. Das Blatt besticht zum einen gerade durch die Wiedergabe der Lichtsituation und der Stofflichkeit, die in dieser Subtilität nur das Medium des Mezzotinto leisten kann, das eine auf die Fläche ausgerichtete Reproduktionstechnik ist und vom Dunklen ins Helle arbeitet. Zum anderen ist das Besondere im Sujet selbst zu finden. Denn gezeigt wird offensichtlich ein jüdischer Gelehrter in einem Innenraum mit Büchern, einem Globus und weiteren Gegenständen, der sinnierend auf einem Sitzmöbel erscheint. Bisweilen wurde der Mann in der Forschung auch als Rabbi betitelt. Das Revolutionäre ist nun, dass Rembrandt in Porträts wie diesem einen grundlegenden Wandel in der Darstellung von Juden vollzieht. Während sie vorher zumeist karikaturenhaft entstellt erschienen - von Ausnahmen wie bei Dürer einmal abgesehen -, zeigt Rembrandt sie als reale Menschen mit großer Sensibilität. Er war privat und beruflich von vielen jüdischen Menschen umgeben, was großen Einfluss auf sein Weltbild gehabt haben dürfte. Dass gerade ein solches Bild mit dem Porträt eines Juden im Mezzotinto reproduziert wurde, mag einerseits mit der Bedeutung Rembrandts zu tun haben, andererseits mag es aber ebenso den Umstand widerspiegeln, dass Großbritannien im 18. Jahrhundert aufgrund seiner relativ libertären Verfassungsausrichtung eben auch Juden mehr Freiheit und Partizipation in der Gesellschaft bot.