Ein Alchemist

Wegen seiner starken Hell-Dunkel-Kontraste als »Schwarze Kunst« bezeichnet, haftete der von Ludwig von Siegen (1609-1680) erfundenen Schabkunst (Mezzotinto) von Beginn an etwas Magisches, Dunkles an. Diese Wirkung kommt ganz besonders in Blättern nach Joseph Wright of Derby (1734-1797) zum Tragen, in denen wissenschaftliche Experimente und vom Menschen geschaffenes Licht an traditionellen Glaubensgrundsätzen rütteln - es ist die Zeit der Aufklärung und beginnenden Industrialisierung. Die Verbindung des Mezzotinto mit einer ihm zugeschriebenen magischen, dunklen Aura zeigt sich gerade in dem Blatt von William Pether (um 1738-1821). Vorlage war Wrights Gemälde mit dem vollen Titel »The Alchymist, in Search of the Philosopher's Stone, Discovers Phosphorus, and prays for the successful Conclusion of his operation, as was the custom of the Ancient Chymical Astrologers«, ausgestellt erstmals 1771, hernach überarbeitet im Jahr 1795, das sich heute in der Derby Museum and Art Gallery befindet. Der nahezu wie ein Mönch erscheinende Alchemist ist in einem dunklen, gewölbten Raum voll von Büchern, Globen und Gefäßen zu sehen, wie er kniend das Ergebnis eines Experiments in dem hell leuchtenden Retortenglas vor ihm verfolgt. Hinter ihm befinden sich zwei junge Assistenten, der Mond scheint durch ein Fenster hinein. Ob die Szene die Entdeckung des Phosphors durch den Hamburger Alchemisten Hennig Brandt im Jahr 1669 wiedergibt, dessen Geschichte auch in England gut bekannt war, muss offen bleiben. Die Suche nach dem Stein der Weisen, einer Substanz, die Unsterblichkeit verleiht und gewöhnliche Metalle in Gold verwandeln kann, war eine Grundfeste der Alchemie. Die außergewöhnlichen Lichteffekte und die dramatische Komposition verleihen dem Geschehen, das diese Gott nicht gefällige Gier des Menschen reflektiert, eine fast schon religiöse Stimmung, wozu auch Wrights Rekurrieren auf Darstellungsschemata des religiösen Bildes beiträgt. Durch seine starken Hell-Dunkel-Konstraste war insbesondere das monochrome Medium des Mezzotinto in der Lage, die Wirkung solcher Gemälde wiederzugeben, ja, noch um Einiges zu verstärken.