16 dm²

Leinengebundenes Künstlerbuch der Edition Lydia Megert, Bern, 1979; Expl. 24/50. - Unter den Künstlern, die seit den 1950er Jahren bestrebt waren, die Kunst mit dem Leben zu verbinden, nimmt herman de vries eine Vorrangstellung ein. Für ihn, den ausgebildeten Botaniker, sind Kunst und Wirklichkeit, Kunst und Natur eins. Diese setzt sich mit allen Zufälligkeiten und Veränderungsprozessen selbst ins Werk, ganz konkret und unmittelbar und bedarf keiner Interpretation. Der Gestaltungsanteil des Künstlers am Werk beschränkt sich darauf, einen bestimmten Ausschnitt von Welt als pars pro toto ins Bewusstsein zu heben - mithilfe von Realien oder fotografischen und zeichnerischen Dokumentationen. Der imposante, als »essay« untertitelte Band »16 dm²« birgt auf mehr als tausend Seiten angewandte botanische Forschung und geht auf ein künstlerisches Projekt aus dem Jahr 1975 zurück. herman de vries hatte sämtliche 473 Pflanzen eines 40 x 40 cm großen Wiesenstückes in Eschenau auf einem Lageplan 1:1 kartographiert, die Gräser samt Wurzeln ausgegraben, in liebevoller Sorgfalt zeichnerisch porträtiert, getrocknet und archiviert. Nicht nur in das Künstlerbuch fand diese ›Ernte‹ 1979 Eingang, sondern auch in eine Installation in Middelburg/NL, bei der die Pflanzen, auf ihren Bildträgern einzelnen montiert, die Betrachter auf allen vier Wänden des Ausstellungsraumes umfingen. »16 dm²« kann als Gegenstück zur »exposition complète de luang prabang« (vgl. Inv. Nr. AS 2016/3253) betrachtet werden: eine sinnfällige Demonstration des »all« en détail. [WE]