Schule von Athen (Predigt Pauli in Athen)

Es handelt sich um den ersten Kupferstich von Giorgio Ghisi, der 1550 im Verlag »Aux Quatre Vents« von Hieronymus Cock in Antwerpen gedruckt wurde. Vorbild war das 1510 gemalte Fresko »Schule von Athen« von Raffael (1483-1520) in der Stanza della Segnatura des Vatikan. Ghisi ließ jedoch die Titel der Bücher in den Händen von Plato und Aristoteles weg. Auch wird in der Bildlegende die Szene ausführlich als »Predigt Pauli in Athen« beschrieben, da das Fresko bis dahin offenbar noch keinen Namen hatte. Giorgio Vasari spricht in den »Viten« (IV, S. 330) von einer »Darstellung, wie die Theologen die Philosophie und Astrologie mit der Theologie in Einklang bringen, wo alle Gelehrten der Welt abgebildet sind, welche in verschiedener Weise ihre Meinung verfechten«. Die erste Erwähnung als »Schule« findet sich bei Carel van Mander in seinem »Het Schilder-Boeck« 1618, in der Vita des Michiel Coxie. Gaspare Celio nennt in seiner »Memoria fatta dal Signor Gaspare Celio« (Neapel 1638, S. 117) das Fresko erstmals »Schule von Athen«. Die Gründe zur Umwidmung der Darstellung sind nicht überliefert, ob sie auf Intentionen Ghisis oder Cocks zurückgehen, kann nicht beantwortet werden. Möglich wäre, dass die Publikation einer Szene mit antiken Philosophen dem niederländischen Markt wegen des damaligen religiösen Konfliktes zu »modern« war, doch wäre ein Philosophen-Disput Cocks antiquarischem Interesse entgegengekommen und waren pagane Themen zu seiner Zeit durchaus gefragt. Das Ausmerzen der antiken Buchtitel und die absichtliche Umdeutung in christlichem Sinne könnte auch als bewusste Propaganda des Tridentinischen Konzils gesehen werden, das den prominenten Raffael benutzte. Wahrscheinlich aber handelt es sich lediglich um eine Verwechslung mit einer weiteren Darstellung der »Predigt Pauli in Athen« von Raffael in den Teppichen im Vatikan. Eine Kopie des Ghisi-Stiches von Gaspare Osello (um 1536-1590) von 1572 ist ebenfalls von zwei Platten gedruckt und übernimmt den Titel »Predigt Pauli in Athen« (Inv. Nr. A 1999/6945 [KK]).