Niederschwebender Christus, Engel mit Schwert und stürzendem Dämon, anbetende Frau

Worum es geht

Beschreibung

Palma Il Giovane führt hier den Strich leicht und sicher über das Papier, verbleibt gekonnt in Andeutungen, die dennoch klar die Körper gliedern, und setzt kleine Akzente mittels Lavierung und Schraffierung. Dargestellt ist ein betendes Mädchen, das der Austreibung eines Teufels durch Christus und einen Engel beiwohnt. Neben ihr steht die Textzeile »Domine labia mea« aus Psalm 50 (Vers 17), die der Künstler mehrfach in seinen Werken verwendet hat. Maria Aresin (2023) ist die Deutung der Szene zu verdanken: Sie konnte herausfinden, dass es sich bei der Knienden um die kleine »Andrianetta« handelt, Palmas zu dieser Zeit sechsjähriger Enkeltochter Andriana Vassilacchi (geb. 1608). Auch weitere Bezeichnungen auf dem Blatt weisen darauf hin, so zwischen Teufel und Engel: »ochio bene vassilacchi«, der Name ist allerdings dick durchgestrichen. Unten finden sich die Datierung und die Zeile: »1614 Genaro ano romano che fu vinta la litte di andriana«. Nach den Ausführungen von Aresin war Andrianetta, benannt nach ihrer Großmutter Andriana Fondra, der Frau Palmas, die Tochter seiner Tochter Giulia und Giacomo Vassilacchi, dem Sohn des Malers Antonio Vassilacchi, gen. l’Aliense (1556-1629). Es kam jedoch zu einem Rechtsstreit zwischen den Familien, da der bereits an einem tragischen Unfall 1610 verstorbene Giacomo in seinem Testament festgelegt hatte, dass seine Frau Giulia das ihr zustehende Geld auch dann erhalten sollte, wenn sie erneut heiraten würde. Sein Vater Aliense jedoch verweigerte ihr die Erbschaft nach ihrer erneuten Heirat um 1613 mit dem Rechtsanwalt Gianantonio Pretti. Palma wiederum fürchtete um die Mitgift seiner Enkelin und erzielte in einem wohl im Januar 1614 entschiedenen Prozess Andrianettas Absicherung. Dies vermerkte er auch auf der Zeichnung mit »che fu vinta la litte« (dass der Kampf gewonnen wurde). Die betende Andrianetta vor dem ausgetriebenen Teufel mit Namen »Vassilacchi« (wer auch immer diesen später durchgestrichen haben mag) steht somit als Allegorie auf den Rechtsstreit beider Familien und ist damit ein bemerkenswertes Zeitdokument (zum Rechtsstreit auch Marie-Louise Lillywhite: The women in the life of Palma Giovane: Family Values and Alliances in Seventeenth-century Venice, in: Master Drawings 59, 2021, bes. S. 226-230, zum Stammbaum Palmas Abb. 4).

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