Die Reliquien des hl. Ludwig werden nach Saint-Denis gebracht

Worum es geht

Beschreibung

Bei der ehemals anonymen Zeichnung handelt es sich, des bogenförmigen oberen Abschlusses wegen, um einen bedeutenden kirchlichen Auftrag. Die dargestellte Prozession von Bischöfen mit Reliquien steht in seltsam fremden Gegensatz zu den am vorderen Bildrand lagernden Kranken und Bittstellern, die in ausladenden, den Raum erobernden Bewegungen individuell agieren. Hinter ihnen erscheint der Zug der Kleriker wie eine abweisende Folie, da fast nur Rückenfiguren auszumachen sind. Auch ihre auf gleicher Höhe angeordneten Köpfe (Iskokephalie) fügen sie zu einer festen, undurchdringbaren Einheit zusammen, die sich den Bedürftigen offenbar verwehrt. Charakteristisch für Jean Restout ist das Einbinden von Figuren und Architektur in ein nur andeutungsweise noch sichtbares Konstruktionssystem, dessen Linien unter der Komposition liegen. Das ursprünglich niedrigere Bogenfeld wurde zudem erweitert. Der Künstler bevorzugte für seine Entwurfsskizzen die schwarze Kreide auf blauem Papier, auf die er an pointierten Stellen mit weißer Kreide »Lichter« aufsetzte. Ein Inventar, das der Sohn Restouts, Jean-Bernard, am 7.11.1792 von den Werken seines Vaters erstellte, nennt ein 1758 entstandenes und heute verlorenes Altarbild, das Restout mit dem Titel »Die Reliquien des heiligen Ludwig werden nach Saint-Denis gebracht« für die gleichnamige Abtei schuf. Nach den Memoiren des Organisten Gautier nahm sich der Maler einen Stich zum Vorbild, in dem Analogien zur Zeichnung auszumachen sind, speziell das Motiv der Bittflehenden (Philippe Simonneau [1685-um 1753] nach Louis de Boullogne [1654-1733], Frontispiz in: Michel Félibien: »Histoire de l'Abbaye Royale de Saint-Denys en France«, 1706, vgl. Gouzi 2000, Nr. *P.176, S. 306). Es bleibt jedoch offen, ob die Zeichnung tatsächlich in den Werkprozess des verlorenen Gemäldes einzugliedern ist; das Bild wurde zuletzt am 17.4.1793 im Dépôt aux Petits Augustins mit dem Titel »La Translation des reliques« erwähnt.

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