Liebste, Der Vogel ist wieder im Käfig...

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Worum es geht

Beschreibung

Transkription: Stuttg, Lazarett 23 Jan 1915 Liebste, der Vogel ist wieder im Käfig. Unentdeckt. - Ich schrieb Dir vielleicht seltsam gestern - ich war fiebrig dank der Umstände. Morgen will ich den Streich wiederholen. Werde das Mekis heizen u Thee bereitstellen lassen. Es ist kalt u grau im Atelier, meine Bilder stehen eng gedrückt oder aufeinander - geschichtet an der Wand. Ver- hängt. Ich habe damals bei dem Zusammenräumen im stillen abgeschlossen. Es wären Fragmente, die ich hinterlassen hätte, denn der Krieg störte mich als ich daran war meine Welt zu bauen - oder den Plan zum Bau zu machen. Schon viel Pläne habe ich verworfen. Ich möchte weit- ausholen, um umso höher [...] zu türmen. Nun muß ich warten um an mich halten - bis ich die Bilder aus ihrem Dornröschenschlaf wecken werde. Wann werde ich sei Dir zeigen können? Sie sind doch - ich fühlte das - ein gut Teil meiner selbst. Mit ihnen verbunden sein - es ist das Schicksal der Maler, das in ihren Ausdrucks- mitteln begründet liegt. Der Dichter hat das näher liegende Mittel Wort u Du - LIebste - hast dies bessere Teil erwählt. Ich ging heute früh als Erster im frischgefallenen Schnee. Du gingst neben mir, ohne Spuren zu hinterlassen. - Ganz zarte von einem Kätzchen waren da. Mein Bett steht direkt am Fenster. Ich schneide morgens Brot für die Vögel. Erst warens die ewigfrechen Spatzen dann kamen die Amseln. Nun habens auch die Tauben ent- deckt u 15 Tauben saßen am Fenstersims heute morgen. Meine ,,Kameraden". Zu Zeiten legt sich mein Trotz u Menschen- hass - machens die sanften Täubchen? - und ich sehe das gute in Ihnen. Mir gegenüber liegt ein Ringkämpfer, Atleht. Ihm gab Zeus Kraft! Zwei andre sind Schlachter - Metzger. Sie führen blutige Gespräche. Einanderer ist Zuhälter er erzählt von seinen Weibern. Ich schreibe während sie singen u raufen u. spielen - sie stören mich absichtlich um mich zu örgern. Aber auch ich singe, spiele u raufe: Ich sei ,,Cavalier", gehe nachts heraus u lege mich am Tag ins Bett. Glauben natürlich daß ich zum Liebchen gehe, und ich bestreite nicht, es ist ja so - nicht wahr? Ich muß mich doch Deiner Treue versichern. - Pag, ist Schäfer hier in Stuttgart? Wohnt er noch in friedrichssuher- straße? Kleeblatt hast du gut beschrieben. Nun gelingte Dir schon Wortspiele im Deutschen. - Ich muß wieder unver- mittelt abrechen. Auf morgen! Behüt dich Gott, LIebe Dein Oskar

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