Liebste, es ist heute so ein herrlicher Frühlingstag...

Transkription: Stuttg. 20 Febr 1915 Liebste, es ist heute so ein herrlicher Frühlingstag - auch gestern war es schön, schön - ich lag im Gras u liess mich von der Sonne anscheinen. - Danke Dir den seltsamen Umstand: - bin ich hoffnungsfähig u enthusiasmiert, so ist das meiner Gesundheit zu- träglich - ,,ich fühle mich" - dieser Zustand giebt in der Folge einen guten Soldaten - dessen Felddienstfähigkeiten - nicht ausgezweifelt wird! - Das ist es eben: die Tüchtigen sind im Feld; was zu Hause ist, sind die Lumpen. - Dazu kommt daß der Krieg für Deutschland sehr die Form des Existenzkampfes annimmt: die Blockade Englands bedeutet soviel wie biegen oder brechen (da Amerika dabei riskiert wird) - dieser Umstand wird auf die Deutschen elektrisierend wirken - der Hungerkrieg ist unmittelbare Gefahr - die Not schafft diesmal die Begeisterung die nochmals auflodert - stärker als das erstemal. Nocheinmal strömen die Freiwilligen. Ich fühle wieder einmal recht jünglings- haft, Liebste, - nun ich bin nun einmal Deutscher u der deutsche Jüngling ist sprich- wörtlich - ich kann nicht den Drückeberger spielen - mich über die Dauer des Kriegs mit vorgespielter Krankheit täuschen, - Aber ich muß Dir, LIebe, bald hysterisch erscheinen in den Formen meines Wankel- muts - wirst Du denn klug aus den Gesichtern, die ich zeige? - ,,Du willst sovieles wissen" - und ich vermehre die Rätsel. Du hast mir tagelang nicht geschrieben - du hättest Grund mir böse zu sein. Sei es solang ich in diesem unwürdigen Lazarett bin, aber liebe mich, wenn ich ins Feld ziehe. Dann brauche ich Dich - darfst Du mich nicht verlassen. Ja? Du sagtest einmal daß Dich der ,,Frühling" traurig stimme. Ist es noch so? Schick mir ein Frühlingsblüm- chen und schick mir vor allem die köstlichen Blüten Deines Geistes. Ich grüss Dich herzlich. Oskar Der Freund aus der Schweiz schrieb wieder ein Lehrer, Kreigsfreiwilliger, kam ins Lazarett. Ich habe einen Menschen mit dem ich sprechen kann.