Lieber Dieter Keller, ich muss Ihnen nun doch endlich...

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Worum es geht

Beschreibung

Transkription: Lieber Dieter Keller, ich muß ihnen doch endlich schreiben, denn mein Zustand ist keineswegs so, daß ich daran verhindert wäre, es sei denn, ein Übermaß an Zeit verhinderte mich Pflichten zu erfüllen, die ehedem natürlich waren. Nicht nur der Unterleib und seine Organe scheinen bei mir etwas in Unordnung zu geraten, - das Krankenhaus setzt einen zunächst auch geistig matt nur man hat seine liebe Not, seine sieben Sachen im Gleichgewicht zu halten. Denken Sie nun aber nicht, irgend etwas sei bei mir gefährdet, nicht einmal (wie ich glaube) der ärztlichen Weisheit letzter Schluß: die Gallenblase, von deren Sitz und Existenz ich eigentlich bis heute keine genauere Vorstellung habe. ¿ jedenfalls war ich mit derselben nicht so geplagt wie es Ihre liebe Frau war. Ich weiß auch bis heute nicht, ob nur diese Sache nun in alle Zukunft als Leiden bleiben soll, wie dies auch bei der Feststellung von Zucker (im Blut und Urin) der Fall sein könnte . Zwei solche Felswände als Gebotstafeln ¿Das darfst Du nicht! ¿ ergäben einen ziemlichen Engpaß für eine diätische Seelsorge, besonders wenn ich an die Speisekarte der Gegenwart und der Gasthäuser denke. Deshalb ist es auch eigentlich nur die Diät die mich bis heute, nach bereits 3 Wochen, noch hier im Krankenhaus hält, bzw. der Arzt rät oder befiehlt, so zu tun. Aber was sind solche Miniatur-Leiden gegenüber dem großen Kummer des Krieges und gegenüber Ihrem besonders der Veränderung Ihrer bisherigen Teilhaberschaft! Ist es eine sehr schmerzvolle ¿ und wird es dabei bleiben? Ich hoffe und wünsche für Sie das beste. Wo haben sie nur die reizenden Karten her, die für mich immer eine ganz seltsame Überraschung bilden? Hier kenne ich nur (¿) und den anthroposophischen Laden a.d. Danziger Freiheit, wo ich mir meine Kartensammlung jeweils etwas ergänze. Leider reichte es mir nicht zu einem Besuch im Knappenweg, als ihre liebe Frau noch hier war (ich war damals in Untertürkheim tätig) und als die Tätigkeit dann nach Stuttgart verlegt wurde, wurde ich krank; und bei den Krankenbesuchen ihrer lieben Frau war dann eine Unterhaltung ohne Zeugen kaum möglich (ich liege leider nicht allein) so daß ich wenig von den Details ihrer Leidensgeschichte und besonderen Erlebnissen erfahren konnte. Hoffen wir, daß dereinst Muße sein wird, über all das in Ruhe und Frieden zu sprechen. Ich denke noch etws 8 Tage hier im Krankenhaus zu sein und dann zur Nachkur zunächst nach Hause zu fahren (ich freue mich sehr auf den täglichen Waldspaziergang) ¿ und dann wird eben wieder das Wuppertal blühen, das mir fast als Paradies erscheinen müßte gegenüber einer nun bei Kämmerer permanent zu werden scheinenden Tarnzeichnerei im Büro. Diese, die geographische und da sich gewisse Maximen und Schematas herausgebildet haben, verliert die Tätigkeit immer mehr die ursprünglichen Reize. K. sieht sich daher auch nach geeigneten Helfern um, nachdem ich ihm meine Auffassung zu verstehen gab. Dies Kurze für heute. Lassen Sie doch immer von sich hören und seien Sie, lieber Dieter Keller, wie immer herzlich gegrüßt, von Ihrem Osk Schlemmer. Am Rand: Voraussichtlich bis Ende Nov. In Sehringen, dann bis Weihnachten Wuppertal.

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