Worum es geht

Beschreibung

Transkription: d 1 Nov 23 Liebe Burgers, Ihren Brief will ich sofort der Reihe nach beantworten. Der schlechte Rechner für den Sie mich halten, ist in diesem Fall der sehr kluge und geschäftstüchtige Herr Berthold Viertel in Berlin der durch mich Ihnen das Gastspiel anbieten ließ. Ich glaube nicht daß wenn dieser Mann es für unmöglich hielte, er uns überhaupt eingeladen hätte. Ich konnte mich in Berlin überzeugen, was alles, auch ohne Goldmark, möglich ist. Nach Ihrem Pessimismus müßte alles die Hände im Schoß dasitzen. Ich kann mich des Eindruckes nicht erwehren, daß sie überhaupt nicht wollen, auch nicht bei den besten Bedingungen. ( Ein 2tes Dresden war ja dadurch daß Sie Ihre Forderungen stellen sollten, von vornherein aus- geschlossen). Aber Sie setzen vor diese Ihre Bedingungen an mich. Zu 1 u 2. Wir verhandelten damals lange über Unter- nehmer, Leitung, Direktion etc. "Unternehmer" giebt es nur im Baufach oder Großindustrie. "Direktion" bot ich Ihnen an, Sie wollten nicht. "Leitung" wäre zu scheiden in geschäftliche und künstlerische. Die erstere habe ich Ihnen dauernd angeboten. Die künstlerische muß ich für mich in Anspruch nehmen; nicht aus Gründen des Ehrgeizes sondern aus Verantwortungsgefühl. Dieselbe war aber seither nirgends ausgesprochen oder als solche genannt. Konnte ich mehr tun als Ihre Namen stets an erste Stelle zu setzen? Wenn im Rahmen der Bauhauswoche mein Name und die synthetische Gestaltung des Balletts in den Vorder- grund rückten, so ist das aus der Natur der Sache zu erklären. Was kann ich aber für Mißverständnisse die mit unterliefen und die auch mir nicht recht waren, daß das Ballett als Bauhausarbeit angesehen wurde? Ich denke, einem Leser des Programmzettels konnte kein Zweifel über den Sachverhalt bleiben. - Soll ich dem Kritiker X nachlaufen und ihm verbieten, daß er von einem "Schlemmerballett" schreibt? - (was ich übrigens nirgends gelesen habe). Es war einmal so, mit Hilfe der Kostüme den Erfolg zu suchen. Nun ärgern Sie sich über jede Kleinigkeit, die sich mit meinem Namen verbindet. Mit dieser Engherzigkeit kommen wir natürlich nicht weiter. Machen Sie es nur so wie es die Deutschen ja heute tun: Bayern gegen Sachsen - der Eine gegen den Andern - so sieht es jener Dritte gern - dann wird eine Sache totsicher zerschlagen. - Ich kenne jene Dritten (in unserem Fall) genau, die auf das Schauspiel nur warten, das sie Ihnen geben wollen! - Zu III. Eine literarische "Reclame" habe ich nie gemacht. Aber ich habe mich gezwungen gefühlt, über Sinn und Wesen des Balletts etwas auszusagen. Daß das besser unterbleibt, gebe ich heute gerne zu. Zu IV. Bezahlen des 2. Tänzers: Wenn für mich überhaupt noch ein Gewinn bleiben soll, müßte derselbe ver- mieden werden - d.h. ich müßte tanzen. Damit kommen wieder die großen Pausen, die zu vermeiden der Sinn des 2. Tänzers war. Es wird von den ge- schäftlichen Abmachungen abhängen, ob die Sache, im Fall eines 2. Tänzers noch rentabel ist. Zu V. (Schleevoigt.) Ich muss es dann Ihnen überlassen, je- weils den geeigneten Musiker zu finden. Mein Bruder Willy schreibt mir, daß Sie betr. Berlin geäußert hätten, daß Sie keinen Urlaub bekommen. - Ja, dann muß ich natürlich alle Bemühungen einstellen, auch die nach der Schweiz - damit wird doch alles illusorisch. Schreiben Sie mir doch bitte klar und deutlich ob Sie überhaupt noch wollen! Diese endlosen Korrespondenzen sind wahrlich kein Vergnügen, zumal sie durch Ihr Verhalten absolut ins Blaue gehen und jeder positiven Grundlage entbehren. Sie treiben eine Politik wie die Franzosen - man mag tun was man will - Sie denken gar nicht daran, ernstlich zu wollen. Darüber muß ich aber Klarheit haben; ich denke auch an die Zukunft. Photografien! Wissen Sie noch wie Sie sich mir gegenüber gesträubt haben? Aber diesem International Photo-Menschen, ein aus- gemachter Schwindler, werfen Sie sich bereitwilligst an den Hals, ein paar lumpigen Prozenten wegen. Mehr konnte die Sache nicht in den Schmutz gezogen werden als auf diese Art Reproduktionen! Jetzt haben Sie das, was sie vermeiden wollten. - Schreiben Sie mir bitte, damit ich weiß ob Sie einen Prozess II. Teil wollen; eher scheint ja wirklich keine Ruhe und Arbeit möglich zu sein. Ich grüße! Oskar Schlemmer

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