Der Flussgott Nil (Giovanni Domenico Tiepolo; verso: Studie zu männlichem rechtem Arm und Schulter, aufblickender männlicher Kopf (Giovanni Battista Tiepolo)

Worum es geht

Beschreibung

Der Flussgott Nil erscheint im Würzburger Treppenhausfresko rechts neben der »Afrika« (Inv. Nr. C 1477 verso) und dem vor ihr »Knienden Mann mit Sonnenschirm« (Inv. Nr. C 1470) (Massimo Gemin und Filippo Pedrocco: Giambattista Tiepolo. I dipinti. Opera completa, Venedig 1993, Nr. 415; Der Himmel auf Erden. Tiepolo in Würzburg, hg. von Peter O. Krückmann, Ausst.-Kat. Würzburg, Residenz [15.2.-19.5.1996], München und New York 1996, Bd. 1, Abb. S. 109). Da das Papier zu klein für die gesamte Darstellung war, hat Giovanni Domenico Tiepolo den unteren Teil des Ruders in seiner Nachzeichnung rechts oben ergänzt. Allein diese Trennung spricht bereits für einen Ricordo (Nachzeichnung zur Erinnerung), wobei nicht unerwähnt bleiben soll, dass auch das Tagewerk des Freskos genau an dieser Stelle abgrenzt, der untere Teil des Ruders demnach separat gemalt wurde. Besonders auffällig ist jedoch, dass der Zeichner sehr exakt an einigen Stellen die Pinselschraffuren des nackten Oberkörpers im Fresko auf dem Papier wiederholt, so beispielsweise in den Partien um die Brustwarzen und unterhalb des rechten Armes. Kein Maler würde umgekehrt die Schraffuren seiner Vorstudie ins Gemälde derart genau übernehmen. Vergleicht man den »Nil« mit Giovanni Battistas Nachzeichnung nach dem »Knienden Mann mit Sonnenschirm« (Inv. Nr. C 1470), so wird der unterschiedliche Zeichenstil von Vater und Sohn deutlich: Benutzt Giovanni Battista großzügige Linien, so verwendet Giovanni Domenico das seinen Blättern stets eigene kleinteiligere Strichbild. Auch die Konturen sind bei ihm meist mehrfach gezogen, während der Vater mit einer, höchstens zwei Linien auskommt. Ebenso sind die kleinen kurzen Rötelstriche, besonders zur Charakterisierung der Muskeln des Oberkörpers, typisch für den Sohn. Dass die Ricordi direkt auf dem Gerüst entstanden sind, zeigt nicht nur die genaue Übernahme der Pinselschraffuren, sondern auch ein kleines Detail am linken Rand der Wasserurne. Hier könnte der Topf etwas angeschlagen sein, wahrscheinlicher ist jedoch, dass beim Arbeiten an dem dunklen Stein daneben diese Stelle flüchtig übermalt wurde. Der Betrachter sieht dies von unten, auf den Treppenstufen stehend, nicht, wohl aber der Künstler auf dem Gerüst, der demgemäß eine kleine Einbuchtung am Rand zeichnet. Auch diese Beobachtung spricht für die Nachzeichnung. Die Studien in schwarzer und weißer Kreide auf der Rückseite des Blattes hingegen zeigen den souveränen Zeichenstil Giovanni Battista Tiepolos. Sie gehören vielleicht als erste Ideenskizzen zu dem in der Würzburger Zeit 1752/53 entstandenen Gemälde »Rinaldo verlässt Armida« (Gemin/Pedrocco 1993, Nr. Abb. 420).

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