Athena hält Achill zurück, Agamemnon zu töten

Worum es geht

Beschreibung

Achill, zornig über König Agamemnon, der ihm die Lieblingssklavin Briseis entführt hat, zieht das Schwert gegen den Heerführer. Die Göttin Athena packt ihn am Haarschopf und hält ihn zurück (Homer: Ilias I, 188–197). Die ungemein freie, sich durch ihr bewegtes Strichbild in brauner Feder über einer leichten Kreidevorzeichnung sowie eine verhaltene Lavierung auszeichnende erste Ideenskizze (primo pensiero) gehört zu einer ganzen Reihe von Studien zu den Fresken in der Villa Valmarana ai Nani bei Vicenza, die Giovanni Battista Tiepolo, zusammen mit seinem Sohn Giovanni Domenico (1727-1804), im Jahre 1757 ausführte (offenbar waren die Fresken vor dem 20.6.1757 vollendet, dem Tag, an dem der Auftraggeber Giustino Valmarana starb). In den verschiedenen Räumlichkeiten waren Szenen aus der »Ilias« von Homer, der »Aeneis« des Vergil, dem »Orlando furioso« von Ariost und Tassos »Gerusalemme liberata« dargestellt, sowie in der Sala dell'Olimpo verschiedene Götter. Unsere Skizze gehört zur Ausstattung der Stanza dell'Iliade (Massimo Gemin und Filippo Pedrocco: Giambattista Tiepolo. I dipinti. Opera completa, Venedig 1993, Nr. 436). Auf und hinter einer mittels illusionistischer Architektur geschaffenen bühnenartigen Fläche agieren die Helden des homerischen Epos. Die endgültige Figurenkonstellation ist in dieser frühen Skizze bereits weitgehend festgelegt, wenn auch die Protagonisten im Fresko weiter auseinanderstehen, hinter ihnen eine Menschenmenge versammelt ist, die in der Zeichnung nur mit einer knapp umrissenen Gestalt angedeutet wird, und einige Details verändert wurden. Agamemnon links wird später bärtig erscheinen, das unklare Standmotiv des Achill in der Blattmitte, verdeutlicht durch die Pentimenti (Korrektur- oder Reuezüge) am rechten Bein, wird in der Ausführung von seinem langen Mantel verdeckt. Mit dieser Skizze steht Giovanni Battista Tiepolo auf dem Zenit seines Könnens: freier und atmosphärischer kann venezianische Zeichenkunst in der Mitte des 18. Jh. nicht sein. Das sensible Abwägen der unterschiedlichen Helldunkelwerte der Lavierung, die von äußerster Transparenz bei der Hintergrundfigur und Agamemnon bis hin zu den pointierten Stellen am Kopf des Achill und dem Arm Athenas führen, ist ebenso beeindruckend wie die spontane Verwendung der Feder, die mit wenigen, zum Teil im Ungewissen endenden Strichen die Figuren dennoch bereits in dieser frühen Werkphase endgültig umreißt. Zwei weitere Zeichnungen in der Stuttgarter Sammlung sind ebenfalls Studien zu den Fresken der Villa Valmarana (Inv. Nr. C 1434, C 1435), desgleichen eine Skizze zu »Athena und Achill« im Berliner Kupferstichkabinett (Inv. Nr. KdZ 11773 verso; Giovanni Battista Tiepolo (1696-1770) und sein Atelier. Zeichnungen und Radierungen im Berliner Kupferstichkabinett, bearbeitet von Hein-Thomas Schulze Altcappenberg, Ausst.-Kat. Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett [30.11.1996-2.3.1997], Berlin 1996, bei Nr. 8; zu weiteren Zeichnungen zur Villa Valmarana vgl. Stuttgart 1996, Nr. 24).

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