Figur mit farbigen Streifen auf Rosa

„1919/20 fertigte ich Bilder, die für eine damals noch nicht vorhandene Architektur gedacht waren. Im Gegensatz zu den Werken Archipenkos strebte ich nicht nach einem isolierten Farbrelief, sondern ging von einem architektonischen Bestandteil, der Mauer, aus. Es entstanden Bilder mit real-plastischen Auftragungen, die gleichsam zögernd aus der Mauer heraus wuchsen, ohne deren Gesetz zu stören - im Gegenteil, sie steigernd und dann beherrschend. Ich nannte diese Bilder ‚Mauerbilder' im Gegensatz zu den Staffeleibildern.“ (W.B. in: Ausst. Kat. Sport und Maschine, Galerie Flechtheim, Berlin 1929, S. 1 ff.) Durch die Anbringung von aufgesetztem Papiermaché erzielt der Künstler bei der „Figur mit Streifen auf Rosa“ besagte reliefhafte Wirkung, die die Verbindung zur architektonischen Wand ebenso unterstreicht wie die flächenorientierte Geometrisierung der Figur. Mit den „Mauerbildern“ erlangte Baumeister erstmals größere überregionale Aufmerksamkeit, denn mit ihnen profilierte er sich als Protagonist einer fortschrittlichen konstruktiven Kunst, die Anfang der 1920er Jahre als Gegenströmung zum Expressionismus allgemein an Einfluß gewann. Besonders in Frankreich im Umkreis der Künstler und Architekten des „Esprit Nouveau“ war die Resonanz ungewöhnlich positiv. Bereits 1922 publizierte Waldemar George in diesem einflußreichen Organ des Purismus - einer Bewegung, die sich als gereinigten Kubismus verstand - einen Artikel über den deutschen Künstler. Baumeisters Zerlegung figuraler Motive zugunsten einer tektonischen, von persönlichem Ausdruck weitgehend gereinigten Komposition betrachtete man als dem eigenen Streben nach einer neuen technisierten Ästhetik nahestehend. Für die erste Werkbundausstellung in Stuttgart im Frühjahr 1922 führte Baumeister erstmals drei „Mauerbilder“ aus, die in die Wände der Ausstellungsarchitektur von Richard Döcker direkt eingelassen wurden.