Die Staatsgalerie Stuttgart würdigt erstmals umfassend das Werk des britischen Architekten, Lehrers und Pritzker-Preisträgers James Frazer Stirling (1924–1992). Chronologisch stellt die Ausstellung Stirlings Entwicklung vom Frühwerk in Liverpool über seine Auseinandersetzung mit Le Corbusier bis hin zu seiner zitatenreichen Architektursprache in den 1970er und 1980er Jahren vor. Die über 300 Modelle, Pläne, Skizzen und Fotografien sowie bisher unveröffentlichtes Archivmaterial stammen aus dem „James Stirling/Michael Wilford fonds“ im Canadian Centre for Architecture und erlauben einen neuen Blick auf das Gesamtwerk des Architekten.
Besonders Stirlings virtuose Architekturzeichnungen lassen schon auf dem Papier suggestive Architektur-Bilder entstehen: Darunter sind aufsehenerregende Entwürfe wie die Ingenieursfakultät der Universität Leicester (1959–1963), die Geschichtsfakultät in Cambridge (1964–1967) und das Florey-Gebäude der Universität Oxford (1966–1971), die mit ihrem Materialmix aus Beton, Stahl, Glas und Backstein eine noch heute viel beachtete Trilogie radikaler Bauten mit Verweisen auf den Konstruktivismus bilden. Die Ausstellung umfasst weiter Projekte wie die Britische Hauptverwaltung von Olivetti (1970–1974), das in seinem Formenrepertoire schon auf die Neue Staatsgalerie verweist; Museen für London (Clore Gallery der Tate, 1980–1986) und Harvard (Arthur M. Sackler Museum 1979–1984); das Wissenschaftszentrum in Berlin als »Stadt in der Stadt« (1979–1987); den Wettbewerb für die Bibliothèque de France (1989) mit Referenzen an die Architektur der französischen Aufklärung und das Firmengebäude der Firma Braun in Melsungen (1986–1992). Bislang nur selten gezeigte bzw. völlig unbekannt gebliebene Projekte aus einer über 40-jährigen Schaffenszeit zeigen Stirlings schöpferisches Interesse auch an städtebaulichen Fragen und belegen eine kontinuierliche Entwicklung seiner Architektursprache.
In Deutschland gibt es keinen geeigneteren Ort für die erste Museumspräsentation seines Nachlasses: Zunächst begleitet von heftigen Kontroversen ist James Stirlings Meisterwerk – die Neue Staatsgalerie – mittlerweile ein Klassiker der Museumsarchitektur und das größte und auf vielfältige Weise erlebbare Objekt der Ausstellung. Die Ausstellung wurde in Stuttgart von Peter Daners eingerichtet und um architekturbezogene Werke aus der Sammlung erweitert.
»James Frazer Stirling – Notes from the Archive. Krise der Moderne« wird kuratiert von Anthony Vidler, Dekan und Professor an der S. Chanin School of Architecture at The Cooper Union, New York. Die Ausstellung ist wird im Frühjahr 2012 im Canadian Centre for Architecture, Montréal, gezeigt.
Begleitend zur Ausstellung ist ein reich bebilderter Katalog in englischer Sprache erschienen. Herausgeber sind das Canadian Centre for Architecture und das Yale Center for British Art, in Zusammenarbeit mit Yale University Press und unterstützt von der Graham Foundation for Advanced Studies in the Fine Arts.