Die Gefangenen (Blatt 7 in: Der Triumphzug Caesars)

Worum es geht

Beschreibung

Johann Wolfgang von Goethe hat sich mit dem »Triumphzug Caesars« von Andrea Mantegna ausführlich in einer Studie, publiziert in »Über Kunst und Altertum« 1823, beschäftigt und als Anschauungsmaterial die Chiarscuro-Holzschnitte von Andrea Andreani verwendet, die er 1820 auf einer Frankfurter Auktion erworben hatte: »Gefangene, Possenreißer und Soldaten: Doch sie werden nicht sehr gedrängt, hinter ihnen schreiten Gefangene einher; kein Abzeichen unterscheidet sie, wohl aber persönliche Würde. Edle Matronen gehen voran mit erwachsenen Töchtern. Zunächst gegen den Zuschauer geht ein Fräulein von acht bis zehn Jahren, an der Mutter-Seite, so schmuck und zierlich als bei dem anständigsten Feste. Treffliche tüchtige Männer folgen hierauf in langen Gewändern, ernst, nicht erniedrigt; es ist ein höheres Geschick das sie hinzieht. Auffallend ist daher im folgenden Glied, ein großer, wohlgebildeter, gleichfalls ehrenvoll gekleideter Mann, welcher mit grimmigem, beinahe fratzenhaftem Gesicht, rückwärts blickt, ohne daß wir ihn begreifen. Wir lassen ihn vorüber, denn ihm folgt eine Gruppe von anziehenden Frauen. Eine junge Braut in ganzer Jugend-Fülle, im Vollgesicht dargestellt, wir sagen Braut, weil sie, auch ohne Kranz in den Haaren, so bezeichnet zu werden verdiente, steht hinterwärts, vor dem Zuschauer zum Teil verdeckt vor einer älteren Kinderbelästigten Frau; diese hat ein Wickelkind auf dem rechten Arme und ihre linke Hand nimmt ein stillstehender Knabe in Anspruch, der den Fuß aufgereckt; weinend will er auch getragen sein. Eine ältere sich über ihn hinneigende Person, vielleicht die Großmutter, sucht ihn vergebens zu begütigen. Höchlich rühmen müssen wir indes den Künstler, daß kein Kriegsheld, kein Heerführer als Gefangener vorgeführt wird. Sie sind nicht mehr, ihre Rüstungen trug man hohl vorbei; aber die eigentlichen Staaten, die uralten edlen Familien, die tüchtigen Ratsherrn, die behäbigen, fruchtbar sich fortpflanzenden Bürger, führt man im Triumph auf, uns so ist es denn alles gesagt: Die Einen sind totgeschlagen und die Andern leiden. Zwischen diesem und dem folgenden Bilder werden wir nun gewahr, warum der stattliche Gefangene so grimmig zurückblickt. Mißgestaltete Narren und Possenreißer schleichen sich heran und verhöhnen die edlen Unglücklichen; diesem Würdigen ist das noch zu neu, er kann nicht ruhig vorübergehn; wenn er dagegen nicht schimpfen mag, so grinst er dagegen.«

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