Tree and Fence

Seit mehr als zwanzig Jahren setzt sich Zoe Leonard in ihrer künstlerischen und politischen Praxis als ACT UP-Aktivistin mit gesellschaftlichen Themen wie Geschlechterrollen, Globalisierung und Spannungsfeldern zwischen Natur und Kultur, Geschichte und Gegenwart auseinander. Leonard ist eine »Kartografin«, die von Details auf Zusammenhänge schließt durch genaues Beobachten, Zeigen und Erinnern. Sie beschäftigt sich mit der Sprache der Fotografie in ihren verschiedenen Genres und Gebrauchsmodalitäten wie Wissenschaftsdokumentationen, Schnappschüssen, Bildjournalismus, Modefotografie oder der Erfassung von Ausstellungsdisplays, unterläuft aber Konventionen klassischer Bildbearbeitung. Vielmehr behält Leonard den schwarzen Rand von Kontaktabzügen bei als ihren Entstehungsprozess markierenden Bezugsrahmen und als antiillusionistisches Mittel. Fernsicht setzt sie dabei oft als Mittel ein, das Fiktive im vermeintlich Dokumentarischen sichtbar zu machen. Leonard konzentriert sich auf Grundlagen des Sehens insbesondere des Alltäglichen, scheinbar Nebensächlichen, Übersehenen oder Ausgegrenzten. In ihrer offensichtlichen Beiläufigkeit wirken ihre analogen Fotografien von Schaufenstern, Türen, Wolken oder Bäumen nie wie Sozialstudien. Vielmehr betonen fragmentarische Bildausschnitte und poetische ›Inszenierungen‹ die subjektiven Momente der Wahrnehmung, so dass sich jeder Anschein von ›Realität‹ verliert. Oft spielen unbestimmte Gefühle von Verlust, Trostlosigkeit und Vernachlässigung mit hinein wie in der Serie »Tree and Fence«, die nicht nur das ambivalente Verhältnis von Natur und Kultur spiegelt, sondern auch unsere Auseinandersetzung mit der Welt, dem Leben und seiner Bewältigung.