Worum es geht

Beschreibung

Transkription: La Chaux-de-Fonds Sehr geehrter Herr Burger, Vielen Dank für Ihren heutigen Brief. Schicken Sie mir, bitte, die Artikel von Scriabin u. Kandinsky. Die werden mir sicher nützlich. Eins möchte ich mit Ihnen noch besprechen. Es ist der einzige Punkt den ich noch nicht recht verstehe, der mir sogar jetzt noch fremd liegt. Ich werde also Ihnen ganz offen meine Meinung sagen. Lange habe ich über die verschiedenen Etapen der Handlung u. ihrer logischen Entwicklung gedacht u. alles macht sich sehr gut bis auf das letzte: Das siegreiche Rot hat das wonnige Gelb an- geführt; die zwei Menschen geniessen die ganze Liebe .... und auf einmal, nach einer kurzen Brücke, scheinen Sie an das Volle genossenen Leben zu verzichten um in ein neues Stadium einzutreten. Wo strenge Form, starre Linie herrscht ... Anders gesagt: Das Scenario, was bis dahin rein menschlich gewesen war, wird philosophisch, denn wie eine solche radikale Umwandlung erklären können, nach einem solchen kurzen Übergang? Anders noch gesagt: Die Linie der Handlung vorläufig ist: [Grafik] Ich möchte sie so haben [Grafik] Denn wenn zwei Menschen die erste Verrücktheit der Sinne genossen haben, fängt für sie kein minderes Leben an: sie kennen sich jetzt, sie fangen von jetzt an ryth- misch zu zwei zu leben u. ihr gemeinsamer Rhythmus führt sie immer höher! Darum würde Ihre Idee dem Publikum klar dargestellt werden, zuerst durch den Blau-Silber Vorhang u. dann durch eine orgaisierte Plastik, das heisst: was in den früheren Teilen rein Empfindung, ursprünglicher Schwung gewesen, wurde jetzt bestimmt, bewusst! Es würde dem früheren "menschlichen" eine natür- liche Folge werden. U. darum möchte ich dieses volle rythmische Leben durch eine Ihrer Tänze im ursprünglichen Sinne dieses Worts, denn das Leben fängt jetzt erst an, scheint mir! Das ganze wäre wie etwa Recitativ (non secco!) u. Arie in einer Oper. Kurz: ein Dialog, eine Folge von kurz gefassten Formen die miteinander einen starken Zusammenhang haben u die endlich voll lebendig zum Schluss führen. Diese Führung der Linien eher nach oben, scheint mir mehr im Sinn der modernen Idee wo der Geist mit dem Körper ein höheres Leben ermöglicht. Entschuldigen Sie dieses lange Schreiben, ich habe aber ein wirkliches Interesse an das Problem u. möchte's mit der besten Lösung durchführen. Noch eins, was glaube ich, die Lage noch einfacher erklärt: den Schluss empfinden Sie appolonisch ich dyonisisch u mit Berücksichtigung auf das tiefe Blaue-Silber, was eine gewisse Strenge in sich enthält. Die Schlusslinie bliebe dann die Ihre, nur mit einer Vibration [Grafik] Noch eins, (das letzte!)! Gelb wäre der dyonisische Höhepunkt Blau wäre der appolonische Höhepunkt Kein appolonischer Höhepunkt im Sinne der alten ägyp- tischen Tempeln, aber in einer moderenen Bedeutung Jetzt Schluss! Die musikalsche Andeutung der Farben ist sehr wichtig Was nennen Sie Reinheit? Ich warte auf ein Paar Worte u auf dem Buch u. Grüsse Sie u. Ihre Frau Gemahlin mit Vorzüglicher Hochachtung Ihr

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