Worum es geht

Beschreibung

Joseph Anton Feuchtmayer war der Sohn des Wessobrunner Bildhauers Franz Joseph Feuchtmayer. Die „Wessobrunner Schule", benannt nach der oberbayrischen Benediktinerabtei Wessobrunn, brachte bedeutende Stuckkünstler hervor. Joseph Anton Feuchtmayer stand seiner eigenen Werkstatt in Mimmenhausen vor und war zusammen mit seinen Mitarbeitern an großen Bauprojekten beteiligt, etwa in Neubirnau und St. Gallen. Bei dem hier vorgestellten Werk handelt es sich um eine der zahlreichen Zeichnungen für die Gestaltung eines Altares zur Vorlage beim Auftraggeber. Aufgrund der besonders sorgfältigen Ausführung spricht man von „Appetitrissen" - schließlich sollten sie den Auftraggeber zum Vertragsabschluss anregen. Um die Größenverhältnisse zu verdeutlichen, ist hier vor dem Altar ein Maßstab eingezeichnet, der auf den Stufen aufliegt. Dieser Riss wurde jedoch nicht vollständig ausgeführt, was erlaubt, die Arbeitsweise Feuchtmayers gut nachzuvollziehen. Er legte zunächst eine Bleistiftzeichnung an, die er mit der Feder in schwarz überging, sie grau lavierte und anschließend mehrfarbig aquarellierte. Auf ungeklärten Gründen verwarf Feuchtmayer den Entwurf und brachte die Kolorierung nicht zu Ende. Dennoch ist der entworfene Altar mit seiner architektonischen Gliederung deutlich zu erkennen. Auf die Sockelzone mit Stufen, Altartisch und Tabernakel folgt die prächtig ausgestattete Säulenzone, die das Altarblatt rahmt, und anschließend die ebenfalls reich ausgestattete Giebelzone. Damit folgt er der Entwicklung der christlichen Altäre zu einem regelrechten Gehäuse, welches die Wohnung Christi symbolisieren sollte. Der geplante Altar wäre äußerst detailreich ausgestattet, mit reicher Ornamentik sowie Putten. Zudem gestaltete Feuchtmayer eine nahezu illusionistische Raum- und Materialwirkung. Vergoldungen, weißer und farbiger Stuck treten dem Betrachter lebendig vor Augen. Feuchtmayer demonstrierte hier, dass die Malerei - und damit auch er - in der Lage war, die anderen bildenden Künste, nämlich Architektur und Bildhauerei, ohne Schwierigkeiten nachzubilden. Auch die Figur eines Heiligen auf einem Sockel neben dem Altar ist farblich von den Architekturelementen abgehoben. Ein interessantes Detail sind die scheinbar wehenden, in Wirklichkeit aber aus Stuck gedachten, Fransen der Borte unter dem Gebälk. Sie schaffen eine Verbindung zwischen der himmlischen Sphäre des Altarblattes (im Entwurf noch nicht zu sehen) und der irdischen des Kirchenbesuchers und machen damit göttliches Wirken sichtbar. Dies entspricht dem barocken Konzept des „theatrum sacrum": dem Versuch, durch im wahren Sinne des Worte theatralische Effekte die bildlich im Kirchenraum dargestellten Glaubensinhalte für die Kirchenbesucher erkennbar oder sogar fühlbar zu machen. [A. Schantor/HMK]

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