Herkules mit dem Stier und der Hydra von Lerna

Paolo Farinati, der sich an Paolo Veronese (1528-1588) und vor allem an dessen starkem Hell-Dunkel (chiraoscuro) und dem grobbuschigen Pinselstrich schulte, dem aber auch der kraftvolle Figurenstil eines Michelangelo (1475-1564) vertraut war, wurde, nachdem Veronese 1555 nach Venedig gegangen war, zu einem der bekanntesten Maler Veronas. Die Taten des Herkules werden in dieser Zeichnung spielerisch in die Hände von Putti gelegt. Gemäß der eigenhändigen Bezeichnung des Künstlers am unteren Rand: »Erchole: co lidra. e tor. e serpeti« handelt es sich um die Hydra, ein vielköpfiges schlangenähnliches Ungeheuer, den kretischen Stier sowie die Schlangen, die Herkules bereits als Kind erwürgt hatte. Dem Manierismus sind die gedrehten Figuren verpflichtet, vor allem der Putto links. Die kräftigen Körper wiederum, besonders der des Stieres, werden durch die zusätzliche Weißhöhung fast schon malerisch erfasst. Schlangenumwundenen Beine wiederum lassen an die antike Skulptur des »Laokoon« als Vorbild denken. Die Volute am rechten Rand weist auf eine Vorzeichnung zu einer Dekoration hin: In der Tat handelt es sich um den Entwurf zu einer Grisaille - daher auch der vehemente Einsatz der Weißhöhung - im Freskenzyklus mit den Taten des Herkules an der Südwand der Sala degli Dei im Palazzo Giuliari in Verona, die um 1573 entstanden sind (Diana deGrazia Bohlin: Paolo Farinati in the Palazzo Giuliari: Frescoes and Preparatory Drawings, in: Master Drawings 20, 1982, S. 353, Abb. 7). In der Zeichnung umarmt der kleine Herkules rechts noch eine Figur, im Fresko übernimmt die in der Zeichnung nur angedeutete Volute komplett deren Platz ein. Eine weitere Vorzeichnung zur dortigen Dekoration war im Kunsthandel (Christie's, London 4.7.1995, Slg. de Boer, Nr. 13). Eine stilistisch vergleichbare Komposition mit einem »Fries mit Putti, Monstern und Tieren« auf graublauem Papier befindet sich in Paris (Louvre, Inv. Nr. 4881; Frise composée d'enfants, de monstres et d'animaux - Louvre Collections ).