Worum es geht

Beschreibung

Gemeinsam mit einem rastenden Spaziergänger überblickt der Betrachter von einem Hügel im Westen das Tal des Flusses Stour in der Grafschaft Essex. Die Tiefe des Raumes erschließt eine unbefestigte Straße, die sich vor einem Haus im Mittelgrund gabelt. Der Kirchturm im Hintergrund markiert das Dorf Dedham. Durch die präzise, aber nicht mehr vollständig lesbare Datierung wissen wir, das das Bild an einem 12. Juli des Jahres 1812 oder 1813 entstand. Das Motiv entstammt der weiteren Heimat des Künstlers, dessen Vater vermögender Besitzer mehrerer Mühlen in den Grafschaften Suffolk und Essex war, von denen eine in der Nähe von Dedham stand. Das Bild gehört zu einer Serie kleinformatiger Ölskizzen, in denen vergleichbar panoramaartige Ansichten des Stoure-Tals variiert werden. 1811 hatte Constable in der Royal Academy, London, das Gemälde »Dedham Vale: Morgen« ausgestellt, eine Komposition, die viele naturalistische Einzelstudien vor Ort in einer arkadischen Landschaftsvision zusammenführt. Sehr wahrscheinlich arbeitete er mit den Naturaufnahmen des Stoure-Tals von Westen auf ein vergleichbares Galeriebild hin. Das Stuttgarter Gemälde unterscheidet sich von den übrigen Skizzen kleinen und mittleren Formats durch den flüssigen, wenig pastosen Farbauftrag und eine farbliche und kompositorische Ausgewogenheit, die bereits an eine Umsetzung ins große Format denken lässt. Die reduzierte Palette von Braun-, Grün- und Blautönen wird durch unterschiedliche Lichtwirkungen belebt. Teile der Landschaft verdunkelt ein Wolkenschatten, der sich der Straße folgend in die Tiefe bewegt. Im Vordergrund treffen die Sonnenstrahlen wieder auf die sandige Straße, was durch dünne Pinselzüge stark mit Weiß vermischter Farbe beschrieben wird, die als feines Geflecht über die dunkleren Lokalfarben gesetzt wurden. Gleichfalls mit spitzem Pinsel formuliert Constable die präzise beobachteten Schönwetterwolken. Der Maler interessiert sich besonders für meteorologische Phänomene, wie seine bemerkenswerte Serie von Wolkenstudien von 1820/21 zeigt, die er um Notizen zu Tageszeit, Windverhältnissen und Wetterverlauf ergänzt. Durch eine Ausstellung seiner Werke im Pariser Salon von 1824 hat Constable die französische Malerei durch seine neue, aus intensivem Naturstudium gewonnene Malweise nachhaltig beeinflusst: Géricault bewunderte seine Werke, Delacroix, der ihn persönlich kannte, schulte sich an seiner Wiedergabe des Lichts. Constables Landschaftsauffassung war auch wegweisend für die jüngere Künstlergeneration, insbesondere für die Maler der Schule von Barbizon.

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