Alte und junge Frau (Blatt 12 in: Arno Holz zum sechzigsten Geburtstage gewidmet von deutschen Künstlern)

In seinem Holzschnitt »Alte und junge Frau« stellt Ernst Ludwig Kirchner eine charakteristische Szene aus dem Leben der bäuerlichen Umgebung dar, in die er sich seit Herbst 1918 in der Schweiz zurückgezogen hatte. Die Begegnung von Alt und Jung in einer Hütte mit kargem Mobiliar verifiziert sich vor allem in den markanten Linien, welche die jeweiligen Gesichter bilden - zum einen mit tiefen Furchen, zum anderen auf die Konturierung beschränkt. Die Schere als Accessoire handarbeitlicher Tätigkeit weist vielleicht auf einen Ratschlag hin, der hier von der Erfahreneren erteilt wird. Anlässlich des runden Geburtstages von Arno Holz (1863-1929), einem Vertreter des literarischen Naturalismus, widmeten ihm 30 deutsche Künstler graphische Beiträge, die zu einer Mappe zusammengestellt wurden. Ebenfalls 1923 erhielt Holz die Ehrendoktorwürde der Universität Königsberg, 1926 folgte der Ruf an die Preußische Akademie der Künste sowie 1929 eine Nominierung für den Literatur-Nobelpreis. Als ganzes präsentiert die Mappe einen Querschnitt durch das graphische Werk der wichtigsten deutschen Künstler zu Beginn der 1920er Jahre.