Agrippina und ihre Kinder trauern über die Asche des Germanicus

Worum es geht

Beschreibung

Das Mezzotinto-Blatt wurde 1774 von Valentine Green (1739-1813) geschaffen und von John Boydell (1719-1804) publiziert, der nicht nur der führende englische Verleger seiner Zeit war, sondern im Jahr 1790 sogar Bürgermeister von London wurde. Als Vorlage diente ein sich heute im John und Mable Ringling Museum of Art in Sarasota, Florida, befindendes Werk des Amerikaners Benjamin West (1738-1822), der wie sein Landsmann John Singleton Copley (1738-1815) zu einem der bedeutendsten Historienmaler Großbritanniens wurde. Es wurde um 1773 für den irischen Politiker Agmondesham Vesey (1708-1785) gemalt. Das Sujet des Blattes spiegelt die frühklassizistischen Strömungen der Zeit wider, indem es sich eines Themas aus der römischen Antike bedient. Die Darstellung zeigt die Enkelin des ersten römischen Kaisers Augustus, Agrippina, die mit der Asche ihres ermordeten Mannes Germanicus nach Rom zurückkehrte, um den vermeintlichen Auftraggeber des Mordes, Kaiser Tiberius, mit seiner Tat zu konfrontieren, was sie und ihre Kinder in höchste Gefahr brachte. Die Popularität des Germanicus als General und die legendäre Tugendhaftigkeit seiner Frau sicherten ihr jedoch eine große Zahl an Sympathisanten. Gezeigt wird hier keine bei Tacitus berichtete Episode, sondern eine imaginierte intime Szene, in der die sitzende Witwe, ihren Kopf auf die Urne ihres Mannes legend, dessen Tod betrauert. Getröstet wird Agrippina von einer ihrer Töchter, während eine weitere Tochter versucht, ihren fast nackt dargestellten kleinen Sohn Caligula, der zukünftige Kaiser, auf andere Gedanken zu bringen. Weitere Assistenzfiguren begleiten das Geschehen. Nur ausgezeichnete Schabkünstler wie Green konnten der anfänglichen Kritik entgegenwirken, wonach die Technik des Mezzotinto ungeeignet für die Reproduktion der oftmals kleinteiligen und personenreichen Historiengemälde sei. Dazu konzentrierte er sich wie hier auf klare Strukturen und die Modellierung von wenig Bildpersonal anhand von starken Hell-Dunkel-Kontrasten. Die Wiedergabe der Stofflichkeit der Gegenstände, der Lichtspiegelung auf der Urne und der Marmorierung des Bodens gehört zum Herausforderndsten und Herausragendsten, was das Medium des Mezzotinto zu leisten im Stande war.

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