Neuerwerbung 2021

Bernhard Heisig

Graphikmappe »Krieg«, 1979

Bernhard Heisig, Krieg (Deckblatt), 1979, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, erworben 2021
Bernhard Heisig, Krieg (Deckblatt), 1979, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, erworben 2021

Die Graphikmappe »Krieg« mit 24 Lithographien von Bernhard Heisig entstand in den Jahren 1976-1979, als der Leipziger Reclam-Verlag eine bibliophile Neuauflage des Romans »Krieg« (1928) von Ludwig Renn (1889-1979) plante, um den Autor anlässlich seines 90. Geburtstags zu ehren. Die parallel bei Reclam erscheinende Mappe zeigt großenteils dieselben Motive wie das Buch, bietet in manchen Fällen allerdings abweichende Druckzustände und in zwei Fällen sogar gänzlich andere Bilder.

Bereits 1955/56 hatte Heisig erste Lithographien zu Renns Roman angefertigt. 1964 folgten dann Lithographien zu Erich Maria Remarques »Im Westen nichts Neues«, die jedoch wie die frühen Bilder zu Krieg nicht zu einer illustrierten Ausgabe führten.

Grundsätzlich betrachtete Heisig die Illustration als »eine der literarischen Vorlage zur Ergänzung, Vertiefung oder auch Erweiterung dienende, also dem Prinzip der Texterläuterung verpflichtete künstlerische Auffassung.« (zit. nach Gillen 2002, Anm. 867) In seinem Zyklus suchte er nun die Auseinandersetzung, zugleich aber auch die Abgrenzung von seinem großen Vorbild Otto Dix. Denn während Dix in seinem Radierzyklus »Der Krieg« von 1924 den Menschen »zur Fratze, zur Karikatur« gemacht habe, wollte Heisig »die Balance halten, dass jemand Mensch bleibt, auch im Dreck und Schlamm. Ein Mensch, der schicksalhaft in eine Situation gepresst, als Mensch überlebt, das ist im Roman von Ludwig Renn auch enthalten« (zit. nach Gillen 2002, Anm. 869).

Wie Dix war auch Heisig durch erschütternde Kriegserfahrungen geprägt, hat der Künstler doch an der Ardennenoffensive ebenso teilgenommen wie an der Verteidigung seiner Heimatstadt Breslau, die von den Nationalsozialisten gegen Kriegsende zur »Festung« erklärt worden war. Seine Kriegserlebnisse hat er in seinem Schaffen wieder und wieder, geradezu obsessiv durchgearbeitet.

Bei seinen Lithographien zu Renns Krieg ist die formatfüllende Flächigkeit der Darstellungen oftmals nicht auf die unmittelbare Lesbarkeit des Bildgegenstands ausgerichtet; vielmehr soll das Dargestellte eher spürbar als klar erkennbar sein. So zeigen sich Betroffenheit und Engagement des Künstlers stärker im graphischen Duktus und der affektiven Flächenwirkung als im bloßen Bildgegenstand.

Die Sammlung der Mappenwerke des 20. Jh. zählt zu den bedeutenden Schwerpunkten der Graphischen Sammlung der Staatsgalerie. Darüber hinaus bildet der Darstellungsgegenstand »Krieg« innerhalb der Mappenwerke ein besonders wichtiges Unterthema, das 2011 bereits in einer der Ausstellung Kollwitz - Beckmann - Dix - Grosz. Kriegszeit mit umfangreichem Katalog prominent vorgestellt wurde. Heisig führt also ein Thema fort, das in der Sammlung bereits breit vertreten ist und in der westdeutschen Kunst seiner Zeit keine Entsprechung findet. Im prinzipiellen Festhalten an der Figuration bezeugt Heisigs Serie eine spezifisch ostdeutsche Position innerhalb der – auch künstlerische ausgetragenen – Blockkonfrontation des Kalten Krieges.

Auswahl an Blättern der Mappe

Bernhard Heisig, Krieg (Blatt 1), 1979, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, erworben 2021
Bernhard Heisig, Krieg (Blatt 5), 1979, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, erworben 2021
Bernhard Heisig, Krieg (Blatt 8), 1979, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, erworben 2021
Bernhard Heisig, Krieg (Blatt 15), 1979, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, erworben 2021
Bernhard Heisig, Krieg (Blatt 21), 1979, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, erworben 2021
Bernhard Heisig, Krieg (Blatt 24), 1979, Staatsgalerie Stuttgart, Graphische Sammlung, erworben 2021
nach oben