Worum es geht

Beschreibung

Transkription: 9.6.29 lieber herr meyer, ich hoffe Sie wieder wohlbehalten in zürich- möchte ich beihnah schreiben... der abend unserer verlassenschaft in basel war übrigens lohnend, wiewol es genügt hätte, wenn ich nach 10 uhr gekommen wäre. denn der star: josefine baker kam erst zum schluss und war sehr schön und ein erlebnis. ich spielte sogar eine rolle dabei: sie kokettiert mit dem publikum, liebt anscheinend glatzen, schmückte die meine mit einer ihrer perlen, die ich als talisman aufbewahre und blüten ihres kostüms... einen andern, allerdings behaarten, frisierte sie unter zuhilfenahme seines kaffeekänncheninhalts, u.dergl. aber sie sang und tanzte bedeutend. dies zur besänftigung Ihres möglicherweise unwillens, dass wir früher auseinandergingen als nötig gewesen wäre-- ich mache mir nur gedanken, ob die begegnung mit den "originalen" (ich meine die bilder), bühne scheint Ihnen doch ziemlich gefallen zu haben) eher trübend als belichtend wirkte, oder belichtend im negativen= als: ein licht aufgegangen-- oder wie muss ich mir Ihr schweigen erklären?- drucksache mit kindbild auch "kunstnarr" werden Sie wol, erhalten haben? ich sagte Ihnen wol, dass in basel nicht alles beste von mit vertreten war, wesentliches musste ich anderwärts zeigen, so 3 sachen grösseren stils in köln, künstlerbund. gern hätte ich vernommen, wie sich die züricher künstler, altherren und die lehrer, zu bildern und bühne äusserten- ich habe nichts mehr von diesen seiten gehört. galerie aktuaryus zürich frägt wegen ausstellung an, schrieb, dass er meine ausstellung bei schaller gesehen hätte dieselbe von basel etwas erweitert).- wie ist diese galerie? raten Sie dazu? in essen, bei der eröffnung des folkwangmuseums lernte ich dr. wartmann kennen, vom kunsthaus. anscheind war er von meinen dortigen freskoentwürfen angetan und möchte eine ausstellung von speziell wandbildern machen, im frühjahr, sagte ich zögernd zu. wir sprachen eine weile, ich sprach von Ihnen und Ihrer geistigen beteiligung bei diesen wandbildern. er meinte, ja, „der paralellerscheinung wegen" wolle er gerne die ausstellung. nun denke ich eben, dass Sie auch einmal schrieben von einer züircher ausstellung, die gidion machen wollte? stimmt das und hörten Sie noch davon?- diesen traf ich übrigens zufällig in frankfurt und wir hätten Ihnen dort beinah eine karte geschrieben, gidion wollte es, verschwand dann aber. Ihr herr bruder war verhältnismäßig still zu meinen bildern. ich hätte auch gerne sein urteil, das er Ihnen sicher freimütiger äusserte, vernommen. sagte ich Ihnen, dass sich nachher herausstellte, dass ebenso wie basel oder noch leichter zürich eine aufführung der bühne zustandebringen hätte können. besonders ein herr hubacher (?) bedauerte sehr, dass wir uns nicht an die richtige adresse wandten. (zürich ging durch das stadttheater basel, d.h. die verhandlungen). dort war übrigens defizit, nicht für uns, aber für die veranstalter. kritiken georg schmidt habe ich wol geschickt? wie denken Sie darüber? B-moll (bezw. breslau) scheint sich vom lauen doch zum heissen zu entwickeln. es hänge nur noch an einem fädchen des preuss. kultministeriums). die stimmung hier ist so, dass ich gottseidank! sagen werde.- nie war ich der sache bhs fremder als eben, dank h.m.?s direktionslosigkeit.- schade, dass wir uns über ihn nicht ausgesprochen haben.- der "nachlassverwalter" wie er sich nennt, wird gar noch zum grabschaufler... ich habe dann doch sehr bedauert, an jenem monatg nicht doch nach zürich gefahren zu sein, um Ihr milieu geschwind zu sehen. denn es wird nun doch eine längere pause eintreten. das bewusste, das mich südwärts hätte führen sollen, ist nicht eingetreten und der sommerplan führt nach der "nahen see", der ostsee, die ich nicht kenne. eine allgemein als einzigartig gerühmte gegend, zwischen den frischen und kurischen nehrung. wir werden bei fischern wohnen. (forellen?- aquarellen!) ich hab es z.zt. leicht am bauhaus, dispensiert von bühnenarbeit, weil die "jungen" jetzt ein stück machen, eine bauhausrevue, worin das revolutionsprogramm des neuen bauhauses zum ausdruck kommen soll. ungefähr so: räterepublik des bauhauses, die "meister" sind die kapitalistischen könige, die entthront und entrechtet werden müssen. ("ich gehe ja schon..") arbeitslust und initative zu malerei, infolgedessen, sehr gut. es fällt mir einiges ein und zu, so dass ich mühe habe, es in strenge zu halten. (war es, dass Ihnen "vorübergehender", konzentr.gruppe", elisabeth" so sehr besser gefielen als anderes neueres?) immer und wol zeitlebens werde ich in Ihrem werk eine zielrichtung und ideal erblicken, das mich stets an höchstes mahnt! es wundert mich bisweilen, wie langsam der prozess der assimilierung, der verdauung, des reifens eines samenkorns währt... immer werde ich Ihre grenzenlose geduld, Ihre zähigkeit in der eroberung eines grans, aber eines dann so vielbedeutenden, gewichtigen bewundern und dieses vorbild wird immer der sauerteig meiner schnellfertigkeit sein. herzliche grüsse! Ihr O. Schlemmer ich bin bis mitte juli hier.

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