Tod der Maria

Maria sitzt auf dem Sterbebett, in gefasster Haltung die Hände zum Gebet gefaltet und den Blick zum Himmel erhoben. Die Apostel, die der Legende nach Maria beim Sterben begleiteten, sind hier in vielfältigen Handlungen, Kopf und Handhaltungen zu sehen. Rechts oben kommt einer von ihnen im Messgewand, um Maria mit Weihwasser zu besprühen. Ursprünglich wurde die Zeichnung, auch wegen des später aufgesetzten Datums »1516«, als Vorzeichnung des Gemäldes in St. Maria im Kapitol in Köln angesehen, das 1521 datiert ist. Die Zeichnung folgt dem Gemälde getreu, von kleinen Verschiebungen in der Position der Köpfe abgesehen. Wie in den anderen Helldunkel-Zeichnungen nach Baldung auch ist hier der Hintergrund, der Baldachin und der reiche Stoff hinter dem Bett, abgeblendet und nur mit der Feder in Schwarz angedeutet. Umso deutlicher heben die Lichter die Figuren hervor. Hans Baldung und seine Werkstatt verwendeten die Clair-obscur-Technik für Zeichnungen, die als Sammlerstücke geschaffen wurden. Das Blatt ist rechts oben monogrammiert und datiert: »HBG [ligiert] / 1516«. Es stammt aus dem ehemaligen »Großen Sammelband«, der 1843, möglicherweise auch schon früher, in das Königliche Kupferstichkabinett Stuttgart kam, vermutlich aus königlichem Besitz. In der »Alten Zeichnungskartei«, dem von Karl Ludwig Weisser (1823-1879) mit Hilfe seiner Gattin bis zum Jahre 1863 angelegten Zettelkatalog der Sammlung, sind viele Blätter dieses Bands genannt. Es handelte sich um einen Klebeband in großem Folio-Format, in dem 463 Zeichnungen an den Rändern so eingeklebt waren, dass die Rückseiten weitgehend frei blieben, meist mehrere auf einem Blatt. Seit dem Ende des 19. Jahrhunderts wurden die Zeichnungen sukzessive herausgelöst. Der Einband verbrannte 1944. Nach den Einträgen in der »Alten Zeichnungskartei« und Aufschriften auf den Blättern mit Angaben zu Seite, Nummer und Entnahmedatum ließen sich bisher rund 200 Zeichnungen in der Sammlung identifizieren. [HMK]