Worum es geht

Beschreibung

Transkription: Ostern 1927 LHM. Hoffentlich errreicht Sie dieser Brief noch zu Ostern. Ihre Sendung erreichte mich und machte mich glücklich. Ich danke Ihnen recht sehr von Herzen. Der Kopf, der Akt im Wechselrahmen, nun aber bleibend, sind nun das einzige ,,Bildmäßige" an der Wand des Ateliers nachdem wieder einmal nicht zuletzt durch H Meyer veranlaßt ein allgemeine Bildersturm durchs Haus hebte, indem in der nun von Familie Meyer übernommenen Wohnung alles abgehängt und, an Mobiler, weggestellt wurde was irgend entbehrlich. den ,,Kopf" fehlt natürlich der bronzene Schimmer. Aber ihn überläßt zu haben u wenigstens so groß, macht mich froh. So wirkt er robuster, materieller als das Original.- der sehr tänzerische Akt als Vertreter neuer zahlreicher Brüder erinnert mich an alle diese und ihre Varianten.- Das Interieur kannte ich nicht in dieser Fassung. Sehr präziös, sehr weiträumig; da ich auch farbig ergänzen kann, habe ich viel davon. (Was ist die etwas verschwommene Helligkeit in der Mitte?) Da, es ist natürlich hohe Zeit daß wir uns sehen u sprechen. Ich hoffe auf den Sommer, wo ich ohnedies via [...] - Italien will. Denn Frau u Kinder sind z Zt im Tenie, bei Lugano in Agnuzzo, und das auf länger, ja- ein sehr! Dann so lang ist das Haus vermietet, b lang will Frau Tut mit den Kindern eine relative Freiheit genießen, denn dann meint sie, wenn sie in die Schule müßten übers Jahr, sei es aus damit. Es war aber auch etwas Flucht dabei, aus den dessauer Verhältnissen, z T. (unerfreulicher, unter Geldmangel stehendes, bei Tut insbeßonders aber die Lust an Veränderung, ferneschweifen, Nomadentun. Übrigens bin ich nicht ganz aus dem Haus hier. haben noch das Atelier innen, einen Schlafraum, den Dach- garten. Und Hannes Meyer ist also hier. ,,Was sagen Sie dazu?" wäre hier leicht zu fragen. Er war hier zur Einweihung an Hindg., wo ich ihn kennen lernte. Er war sehr kritisch gegen etlichen am Bauhaus. Äußerungen wie: ,,Überkunstgewerbe",,Dornach", ,,dekorative Ästhetik" weilen treffend. Er blieb 1-2 Tage länger als die übri- gen Gäste und lernte Verschiedene vom Bauhaus kennen. Er machte sichtlich guten Eindruck und etwas Neues, dem Bauhaus Mangelndes wurde empfunden. Gropius suchte einen Mann für die endlich zu schaffende Architekturabteilung. (Seither war diese das Privat- architekturbüro von Gropius, welcher Zustand auf die Dauer immer unhaltbarer wurde). Gropius suchte den Auch. Stern den Mitherausgeber der schweiz. modernen Zeitschrift ABC zu bekommen, mit dem Hannes Meyer hier war. - Stern lehnt ab, mangels pädagogische Tätigkeiten u Lust dazu. Stern soll aber zu H M, sagt haben: Geh doch Du! HM wurde eingeladen, nochmals nach Dessau zu kommen, mit den Architekt.Schülern Fühlung zu nehmen usw. Er machte eine kleine Ausstellung von Arbeiten, u.a. ein sehr interessantes Völkerbundprojekt für Gent. Ein Motto seiner Arbeit ist btr. Architektur: ,,Organisation der Bedürfnisse". Das aber im weitesten Sinn und die [...] sicher nicht vergessend. Er sagt er saß 2 Stunden vor Ihrem Glaskasten; sagte daß die stärksten Eindrücke hier Bilder waren (bei mir u. Moholy) jedenfalls nicht die Räume, in denen sie sich befanden und von denen er keine Erinnerung hatte, während von den Bildern Zeichnungen, stärkste. Von mir im besonderen gefiel ihm Abstraktes besonders, unmittelbarer jedenfalls als neueres (das was Sie kennen). Hier sagte er gelegentlich, müsse er mir das sagen was er Ihnen z. Zt. zu dem Glas- fenster geschrieben hätte: Verzicht auf das Figürliche, zu- gunsten seiner Form = herbei. - Aber das dürfte wol ein verhängnisvoller Irrtum sein und Gegenstand weiter Gespräche. Klee interessiert ihn nicht, meint, er müsse doch wol immer im Trance Zustand sein ---. Feininger nicht. Kandinsky des Theoretischen wegen. Moholy steht er naturgemäß vielleicht am nächsten obwol er sehr kritisch ist gegen manches, seine Art (mensch- lich - geschäftige) seine Mißlehre (die auch die Schüler em- pfinden als solche u ablehnen); Muche`s Stahlhausumbau interessiert ihn nicht, da das wenigste daran aus Stahl sei. dies die Replik in Kürze. Gropius kann froh sein, diesen ehrlichen Kerl als neue Blume in sein bedürftiges Knopfloch bekommen zu haben. M. wird sich auch nicht von ihm einsacken lassen, d.h. seine persönliche Arbeit zu der von G's zu machen.!. Soviel für heute. Noch weiß ich nicht weßhalb Moholy in Zürich war. Meyer spielte damals noch nicht, sicher nicht. Gantner von Werk, von HM nicht sehr geliebt, Antipode, erbat Bühnenphotos von mir fürs Werk. Es ist mir interessant daß er nach Frankfurt kommt. Wissen Sie genaueres, in welcher Eigenschaft? Ich bin an dem was in Frkft geschieht nicht unin- teressiert. Wenn ein gewisser Mann dort nicht un- entschlossen und besser beraten wäre, wäre ich wol auch schon dort. Es ist die Stadt, in der ich ztzt. die meisten Befürwörter dafür habe. Bis auf den einen, auf den es ankommt, der Ihrer von Entschluß ist. Dann in Dessau, unter Gropius, blühen mir keine Himmel. Ich betrachte auch die Hausvermietung [...] als langsamer Übergang zu neuen Ufern. Ihrer haben wir auf der Bühne allerlei zu Wegen gebracht, u.a. öffentlicher Vortrag (mein erster) über ,,Bühnenele- mente" mit Demonstrationen auf der Bühne, und es wäre ein Weg, der sich lohnte fortzusetzen. Aber da sie, als Ding am Rande, geduldet, gern gesehen, aber knapp gehalten, keine eigentlichen Entwicklungs- möglichkeiten hat, es sei denn, wenn ich mir Räuber- hauptmannsallüren zulege -- bin ich doch Lust u Liebe skeptisch. Es giebt allerlei interessante Photos, die ich Ihnen gern schicke, benötige sie aber z.Zt für Auswahl zum Vergrößern. Bald jedoch erhalten Sie, möglicherweise gedruckt. Ihre herrliche [...] auf den ,,Musikal. Clown" war herrlich. Sie müßte zu seinem Auftreten gesprochen werden. Der Effekt bei seinem (einmaligen) Auftreten verpuffte nur leider etwas durch Lampenfieber des Trägers, Maske die ihm Sicht erschwerte etc. Aber er ist damit nicht abgetan und wird wieder- erstehen; (in den beigegebenen Bildchen sehen Sie ihn wieder mit Genossen). Gideon - ist mir etwas aus dem Gedächtnis ent- schwunden. Den Ciceroneartikel, kenne ich leider nicht - in Dessau bekommt man so und so vieles einfach nicht. Aber ich will forschen. Baumeister nach kurzer Etappe in Paris kehrte mit enttäuschten Hoffnungen nach Stuttgart zurück. Kommt Ende d Mts über Dessau via Berlin. Die Familienlosigkeit empfinde ich bis jetzt angenehm. Ich werde mehr zu mir selbst kommen und entsprechend arbeiten können. Zunächst: Theaterausstellung in Magdeburg, wo ausgestellt u agiert werden soll. Im Juni dort: ,,Tänzerkongress". Nach diesen winkt leise die Freiheit, die Reise. Kenne Sie die Segnungen des Rachio?? Ich habe einen, von meinem Bruder Carl eingerichtet u geschenkt bekommen und ich hörte proben die Johannespassion (von Leipzig). Morgen von Köln u [...] von Händel, wenn nicht Stuttgart mit der Matthäus- passion vorgezogen wird. Amden wäre als Empfangsstation natürlich ausgezeichnet. Es ist aber eine Geldfrage - ohne Bruder hätte ich den Apparat nicht. Herzlichen Ostergruß Ihr Osk Schlemmer

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