Worum es geht

Beschreibung

Die zweimonatige Rußlandreise im Jahr 1906 wird zu Recht betrachtet als Auslöser des eigentlichem Stils von Ernst Barlach, der zu diesem Zeitpunkt immerhin schon 36 Jahre alt war und als Protagonist des norddeutschen Jugendstils galt. So wie die „Brücke“-Expressionisten und die Franzosen um Picasso und Derain in diesem Jahr die „primitive“ Kunst für sich entdeckten, so fand Barlach in vergleichbarer Weise in Südrußland eine für ihn neue und inspirierende Ursprünglichkeit. Barlach ist auch eine Wiederbelebung der Holzbildhauerei, die damals an den Akademien nicht gelehrt wurde, zu danken. Die krude Schnitztechnik eines Kirchner oder Heckel lehnte er allerdings ab. So zeigt auch die Oberfläche des „Spaziergängers“ von 1912, der wie für Barlach üblich nach einem Gipsmodell entstand, ein ganz regelmäßiges Muster der Spuren von Hohl- und Flacheisen. Die weitgehend einansichtig konzipierte Figur steht am Anfang einer Schaffensperiode, die mit einer kubistisch-futuristischen, dabei aber blockhaft verhaltenen Dynamisierung der Formen experimentiert. Wird in unserer Arbeit der Bewegungsdrang nach vorne noch im verfestigten Kubus der kernhaften Gewandfigur gebunden, sollte zwei Jahre später in dem berühmten „Rächer“ das Gewand die fliegende Figur spiralig umkanten. Barlach geht es immer um eine allgemeingültige Aussage, um die Synthese existentieller Lebenszustände in der Formreduktion, doch steht am Anfang der erlebte Eindruck: hier die Beobachtung eines „Landmanns“ im Zug zwischen Güstrow und Rostock. [IC]

Text

Haben Sie Fragen oder Informationen zu diesem Objekt?

Kontaktieren Sie uns