Worum es geht

Beschreibung

Transkription: 1.4.22 LHM ich fahre fort in dem was mich bewegt. Was mich bewegt und mir die Ruhe raubt, ist das Bauhaus. Stellen Sie sich das Ding vor fast ohne ruhenden Pol, von tausend Seiten durchkreuzt. Tatsache ist u. von außen kommende bestätigen es: der Name Bauhaus erweckt Vorstellungen, berechtigte, nämlich vom Bau und Bauen und es findet sich eine moderne Kunstschule vor. Wol mit Werkstätten in denen gebosselt u gemächelt wird aus ästhetischen Gefühlen, etwas besser als an Kunstgewerbeschulen. Der Unterricht ist der wie er an Akademien wenn Sie lebensfähig bleiben wollen erteilt werden sollte. (Siehe die Lehrkräfte, zu denen geplant ist z.B. Kandinsky noch zu- zuziehen (darüber bitte schweigen!) da sehr herzlich seinserseits) Die Bau. u. Architekturklasse oder Werkstatt, die das Herz des Bhs' sein sollte, besteht officiell nicht, statt dessen das Privat-Büro von Gropius. Dessen Aufträge, Fabriken, Einzelhäuser, mehr od. weniger gut gelöst oder schwankend von Einflüssen bilden also das um das sich alles übrige drehen sollte. Es ist ein Bau- geschäft, im Gegensatz zu den Tendenzen der Werkstätten als Schule. Was dort an Gutem zu Tage tritt, sieht man vom Bauhaus geschickt oder ungeschickt zweckdienlich verwendet. Dieser wunde und dunkle Punkt am Bhs ist u war von je mein Kummer. Würde sich das Bauhaus als moderne Kunstschule bekennen so wäre vieles klar, so ist es nicht dies noch jenes; dauernde Unruhe, Angriffen ausgesetzt u. so fort. So kommt daß ich mir selbst die Frage stelle: was will ich eigentlich? Will ich wirklich in der Baukunst aufgehen - es bedingte eine ziemliche Umstellung. Oder bleibe ich besser was ich ehedem war - Maler? Denn es sind sehr verschiedene Vorraussetzungen und fast so daß beides zugleich einer kaum zu dem vermag. - Einer der besonders Angriffslustigen hier ist jener Holländer von dem ich schon schrieb. Der "Erbärmliche" - der so radikal Architektur will daß Malerei sofern sie nicht zum Abglanz dieser ist, nicht existiert für ihn. Er ist ein sehr bereiter Verfechter seiner Ideen, so daß er die Bauhausschüler in seinen Bann zieht und eben jene die den Bau vor allem wollen und das Zentrum suchen das das Bauhaus ihrer Meinung nach schuldig bleibt.. Es ist ihm fast nicht gemacht von seinen Ansichten für das Bauhaus u seine Meister abzulehnen. Ich stand bislang noch am ehesten in seiner Gnade, obwohl ich "noch" "weiche" Formen anwende - -. Er negiert das Handwerk (den Brennpunkt des Bhs) zugunsten des moderneren Mittels: der Maschine. Mit der ausschließlichen konsequenten Anwendung von horizontal u vertikal in Architektur u Kunst vermeint er den Stil zu schaffen, der das Individuelle negiert zugunsten eines Kollekti- vismus. - Mir scheint daß die Gesetze der Baukunst nicht die der Malerei seien. Wol hat diese wenn sie jener dienen will sich auch ihrer Gesetze zu bedienen. Die Malerei nachdem sie (durch Kandinsky) sich bemühte Musik zu sein, bemüht sich jetzt Architektur oder Maschine zu sein. Sie sei Malerei und vervollkommene sich innerhalb ihrer Grenzen so wie es Musik, Architektur, Maschine, Technik, Wissenschaft auch tun. So glaube ich auch daß die Gesetze der Malerei dieselben sind u bleiben die sie von je waren. Sie wiederherzustellen gegen jene Verwirrung der Kunstbegriffe die mir schuld zu sein scheint an vielem heutigem, ist eine Aufgabe und keine schlechte - Die Entwicklung scheint mir heute nach 2 Seiten zu gehen. Einmal nach jener überindividuellen, daß Kunst aktiv sich in Gegenwart umsetzt, dem Rhythmus von Technik u Maschine sich anschließt und diese nur ihrerseits unterstützt, Malerei im alten Sinn negierend - und andrerseits die Malerei sich wieder auf sich selbst bestimmt, nachdem sie ihre Grenzen über- schritt u erkannte und nun beginnt sich zu "humaniser". Das neue Wort der Franzosen. (Picassos Ingres-Kult der übrigens neben seinem Cubismus gleichzeitig einhergehe, und der Naturalismus da u. dort. Mir scheint nur der Rückschlag soweit nicht nötig, die Konkurenz mit tatsächlich Altem so sehr nicht nötig und ich glaube daß sich hier für die Rassen die Wege teilen. Die romanische scheint es kann nur wieder in Historizismus rückfallen, nachdem sie in Form zum äußersten ging. Es ist eigentümlich daß die Franzosen (u Italiener) bei aller Abstraktion vom Gegenstand u zwar vom Stilleben nicht loskamen und beim Rückfall zu den historischen Themen greifen. Die Deutschen scheinen mir besonders am Scheideweg. Sie machen mit und bleiben im romantisch - klassischen Bau der Form oder es geschieht etwas ähnliches wie damals in der Kunst von der hippolite Taine sagte daß diese Maler eher zur Gottesgelehrtheit als zur Malerei taugten. Nun wird heute eine andre Gelehrtheit bestimmend sein in der der Deutsche "Streber u Idealist ist und dies durch die Form verletzt". Vielleicht aber haben sie auch so viel gelernt dies "durch die Form zu heilen." Doch scheint mir wahrscheinlicher daß die Parallele von nichten sich wiederholt. Als Schicksal. - Soviel vorläufig zum Thema. Die Utopia also machte guten Eindruck. Umso- besser; d.h. ich fürchtete und brauch es nun wohl nicht mehr um Ihren Beitrag. An weiterem dachte ich an den Broncekopf, einen der früheren Graphitköpfe (ich erinnere mich an [Augen] dunkel ausgefüllte Augen so das Gesicht), die Reise des Grafiten (insbes. Dialog u Fund in Hellas). Es wäre herrlich! Soll ich noch kurz von der Tochter mein schreiben. Sie wird vielfach bewundert, schöne Griechin genannt- auch "Mantegna-Kind!" Ich glaube selbst daß sie gute Proportionen hat. Sie ist sehr brav in Bezug auf nächtliche Störung (fast keine) und es scheint sie wird sich einmal sich selbst genug sein können indem sie lange wach liegt u sich selbst beschäftigt. Dies kann sich zwar ändern. Ich versuchte im Atelier während des Briefs eine Maus zu fangen. Sie raschelte immer rücksichtsloser im Papierkorb. Nun stellt ich einem Eimer mit Wasser dazu u baute eine Brücke aus Pappe u streute Zucker an das äußere Ende, freistehend über dem Eimer. Ein Streifen fiel ins Wasser u die Maus sprang mit einem Satz noch in den Korb zurück. Beim 2. Streifen glückte es, d.h. sie fiel in den Eimer, schwamm verzweifelt umher ich wollte ihr helfen zu raschem Ende durch Untertauchen, der Eimer (auf einem Tischchen erhöht) fällt, das Wasser über mich, die Maus davon. Einzig ein Gestank ist geblieben, vernehmlich, vermutlich der Angstschweiß - sie wird sich doch nicht erkälten. [Randnotiz: Herzlich Ihr Osk Schlemmer Adler sah ich nocht nicht. Er wird glücklich sein. Baumeister erscheint in französ. Zeitschrift l'esprit nouveau (l'art en Allemagne). z Zt. Hamburg er ist glücklich. Vielleicht sende ich eine Drucksache, deren ich mich mehr schäme als freue. Ich empfehle sie Ihrer gütigen Nachsicht.] Schweiz! Herrn Otto Meyer Amden faren Kt St. Gallen

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