Worum es geht

Beschreibung

Unmittelbar nach seiner Entlassung aus dem Kriegsdienst begann Beckmann 1916 diese Komposition, die dem „schaurigen Schmerzensschrei der armen getäuschten Menschheit" Ausdruck verleihen sollte. Im Unterschied zu der hochformatigen Version von 1909 entledigt er sich jedoch jetzt aller Konventionen und versetzt den Schauplatz in eine zerbombte und verschüttete Stadt. Nicht mehr Erlöste sind es, die andächtig in einen lichtdurchfluteten Himmel aufschweben, sondern geschundene und verstümmelte Kreaturen, die aus den Kellern hervorkriechen und auf den Schutthalden einen apokalyptischen Totentanz aufführen. Die Auferstehung wird zum Aufstand der gepeinigten Menschheit, die ihrer nackten Existenz und schicksalhaften Ausgeliefertheit gewahr wird. In staubgraue und lehmgelbe Töne gehüllt, sind die verschiedenen Gruppierungen der Komposi­tion auf den großen gekrümmten Rückenakt im Mittelfeld bezogen. Die knochige Gestalt dieses nackten Mannes, der sich die Augen reibt, scheint das ganze Leiden und Hoffen der Menschen auf sich zu ziehen und christologische Züge anzu­nehmen. Wie schon bei der frühen Auferstehung bringt der Maler auch jetzt das apokalyptische Geschehen direkt mit seiner Biographie in Zusammenhang. So erscheint rechts unten das Gruppenporträt des Ehepaars Max und Minna Beckmann mit Sohn Peter, eingerahmt von den Frankfurter Freunden Ugo und Fridel Battenberg. Wie Stifter auf Altä­ren falten sie die Hände, und Ugo Battenberg weist mit der Hand nach oben zu dem Auferstan­denen im Zentrum. Der Gesichtsausdruck des Künstlers, der dem Selbstbildnis der frühen Auf­erstehung gleicht, drückt Zweifel aus und sein Blick fällt auf den Toten. Minna Beckmann blickt zur linken Seite hin, wo - als Pendant der Porträt­gruppe und in ähnlicher Schrägstellung - ein gro­ßes Figurenbild eingeblendet ist. Im Typus der früheren Gesellschaftsbilder des Künstlers stellt es die Familie seiner Schwiegereltern dar. Offen­sichtlich wollte Beckmann mit diesem Bild im Bilde nicht nur an die theologischen Gespräche im Pfarrhaus Tube und an den gefallenen Schwa­ger, der links außen schemenhaft skizziert ist, er­innern, sondern - wie Peter Beckmann vermutet- sein ganzes Vorkriegswerk, für das dieses Eigen­zitat stellvertretend steht, in die Untergangsvision einbeziehen. Das Gemälde blieb unvollendet, obwohl Beck­mann wahrscheinlich noch 1918 daran weiterge­arbeitet und im gleichen Jahr eine Radierung der Komposition graviert hat. Doch gerade das Non­finito der Ausführung verleiht dem Werk einen erhöhten Grad von bekenntnishafter Unmittel­barkeit und vibrierender Erregung, der bei einer detaillierten Ausmalung vielleicht verlorenge­gangen wäre. Bewußt aufgegeben hat er es wohl erst zu Beginn der dreißiger Jahre, als er mit den Triptychen eine weiterführende Konzeption ge­funden hatte. Jedenfalls ist die Auferstehung von 1916/18 das Schlüsselwerk für eine neue, entschlackte Malerei und Weltsicht, auf der seine künftigen Bilder bis hin zu den späten Triptychen basieren.

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