Worum es geht

Beschreibung

Transkription: Liebster dummer ganz dummer kleingläubiger Angsthas genannt Tullerich So ein Gsicht hab ich jetzt 6 Tag lang macht und noch ein ärgers manchmal, ein ganz args. Werd zunächst einmal fest schimpfen! Du hast mir 6 elende Tag gmacht (u Nächt) Kein Brief am Samstag, keiner an Pfingst, keiner nach Pfingst, Keiner Dienstag, Mittwoch, Donnerstag - der Briefträger kommt 4 mal im Tag rechn Dir aus wie oft aufguckt hab bei jedem Schritt im Hof, ist ers ist ers nicht. Er kommt - und geht ins Vorderhaus - natürlich zuerst - Kommt wieder heraus u tut als gäbs überhaupt von jezt ab kein Hinterhaus mehr. Wollt noch warten bis freitag früh, dann telegrafieren mit Rückantwort, (kosts was kost). Wortlaut: Was ist los ? Hören Sie, Verehrteste: Das kommt mir nicht wieder vor! Schreib oder lass mir schreiben eine Postkart: "Verstimmt". oder "Brief später", oder "es geht mir gut". Blos Lebenszeichen. Denn weißt: Ich hab Dich begraben! "Meine Tut ist storben". Wies zuging weiß ich nicht; bist auch keine richtige Leich, bist viel zu gsund noch dazu. - Bist in Rhein gfallen beim Baden warst ein Frechdachs, bist zu weit gschwommen, hast nimmer können, bist soffen, dann aus der Schweiz rausgschwemmt, den Rheinfall runterpflumpft in Mannheim hast den Kopf rausgstreckt ob Dich auch alle sehen - dann Meer. Kein Wunder weiß der Storrer nicht wo D steckst und wagt mir nicht zu schreiben daß D abhanden kommen bist. Dann: hast keine Verlängerung kriegt, hast plötzlich abreisen mußt, bist in Stuttgart ausgstiegen und zirkelst jezt in Cannstatt umenand u guckst um die Ecken wenn ich zum Haus rauskomm. Oder: sizt längst in Höchst u schämst dich u willst nicht schreiben. Andre Sachen, (viele) darf ich net schreiben was ich alles denkt hab, sonst wirds wild, das Tullerle, aber gestern war mir ganz klar, sagts laut vor mich hin: es ist was passiert. Jetzt kommt heut morgen ein richtiger Brief, mit richtigen Buchstaben vom Tull; und nicht von Storrer: "Lieber Schlemmer, ich muß Ihnen leider mitteilen......... Das kommt mir nicht wieder vor! Verstanden! - vergraten! So in so - 20 Jahr! O Tull - was hast denn für Mucken im Kopf! Was meinst denn mit dem Hoffmann, was da alles wäre! Ist vorüber u verraucht. Weiß heut nicht wie mich dazu stellen soll. Bin aber skeptischer heut gegen solche die ohne Lieb so offen zur Schau tragen - ja! Meyer ist da viel Keuscher, reiner freilich verschlossener. - Hab ich das schrieben daß mich H. so lieben tät wie Du? Hab ich das? Wen liebt er dann wenn er dort seine 3 Frauen - hier, mich liebt - wen noch weiß ich nicht, hat ein weites Herz. Das Bild wurd etwas getrübt durch seine mit den Tagen immer mehr hervortretenden Interessen, in denen er auf mich baut u hofft. Wohl sagt er, er such einen Menschen! er brauche einen Menschen - er braucht aber auch einen Platz für seine Fabrik, will nicht allein stehen in seinem Unternehmen. ist freilich auch eine große u feine Idee: die der Kunsthandwerkerkolonie - Aber das hab ich ja alles schon schrieben: Ich muß dich lang warten lassen auf die lieben Worte Die Du Dir wünschst: Ich lieb Dich Tulle! und ich werd vielleicht bald zu Dir kommen und Dich bitten Daß Du mich liebst. (was ich ja gar nicht zu tun brauch). Auch ich hab Sehnsucht nach Dir, möcht Dich oft um mich haben und s ist dann leer u Kalt. seh Dich oft vor mir, glaub oft du müßtest plötzlich zur Tür rein kommen, oder am Tor vorn rein gucken - tät mich dann sehr freuen und tät Dich sehr sehr liebhaben, in Arm nehmen u Küssen. Wenn ich schrieben hab ob Du teilen könntest (in Bezug auf Hoffm. Lene) so wüßt ich doch so genau daß du das eben gerade nicht könntest. u freut mich; es hatt bei mir einer gewaltsamen Umstellung bedurft Hoffmann gerecht zu werden u zu verstehen. Verraten fühlst Du Dich! Tull-was für Sachen! So muß ich mich arg in acht nehmen beim Schreiben und nichts zweideutigs mehr, ich hab wirklich unbefangen u ohne Arg geschrieben als Berichterstattung. Apropos: Hoffm ist seit 8 Tag fort u er u ich haben nicht seither geschrieben. II Reinacher hab kürzlich in Stuttgart troffen, hat Deine Adress gewollt, wenn er Dir schreibt, was er dir schreibt laß michs wissen. Ich dacht dran ihn in Constanz zu besuchen hat mich sehr eingeladen. Bei Temes war ich lang nimmer. Maja Lang gleichfalls deine Adress. Schreibtisch ist da; zunächst im Saal oben, mein Platz, weil andrer Tisch bei Casca. Plüschmöbel nicht u soll sie vorerst behalten, meinst doch auch. Im Hix lang nicht mehr. Geh heut hin weil zum Schneider. (Hemden immer noch nicht.) Hast Du Kunstblatt als Drucksach bekommen? Längst geschickt! Kleezeichnung schön; so wenn wir 2 Häuschen hätten, jeder auf einem Fels wo man rübergucken kann. Bettstücke: alle Matratz in meinem Bett, aber letzthin die federbett alle rausschmissen weil zu weiches Kfühl. Nur Teppich in Überzug u Plümeau als Zudecke. federbetten unter der Bühne. Will frau Burger fragen wie aufheben. Wir haben Deine Pelzsachen alle in Zeitungspapier gut eingepackt, so kämen sonst die Motten dran. Ich will ganz spartanisch schlafen. bekommt mir nicht die dicken Decken, hab toll geträumt kürzlich u furchtbare Eruption, die Natur regulierts ich jezt von selbst, hab mir Datum gemerkt: 24. Triffts gar mit dir zusammen? Will jetzt aufpassen, in welchen Zeiträumen u will meine Verfassung physische u psychische danach beobachten. Meyer, ein großen Brief schrieben, auch von Deinem Können. Ich werd bald tut wort haben u schreib dir vorher noch. Er wird wol in Amden sein. Besuch doch auch Vollenweider nein - ist verreist; d.h. möglicherweise noch nicht: er schrieb: nächsten Monat verreise er. Von Zürich fährst Du auf dem Hauptbahnhof weiter Richtung Wallensee nach Wesen. (Bahnstation). Fahrpreis weiß ich nimmer. (Kannst nicht in Basel fragen?) Von Weesen fährst Postwagen wenn nicht laufen willst. Mußt schon ins Dorf Amden, unterhalb führt ein Weg der aber schwer zu finden ist. Es geht eine gerade Straße hinauf nach Amden. Dort mußt Dann wieder heruntersteigen: gehst die Dorfstraße durch bis an ein kleines Kirchle (Kapelle), von dort zweigt Weg herunter, später holperiger Steinweg; ganz herunter bis rechts die 2 letzten Häuser siehst hier den Wiesenweg rechts herein, an den Häusern (Büsser) vorbei und wiederrum abwärts, erst eine Scheuer, dann letztes Haus unten Meyer. Oder: du gehst von Wesen die Landstraße bis nach einer starken Stund "Frohsinn" Wirtschaft kommt. Hier di Straß verlassen und in den Wiesenweg zwischen Wirtschaft u Straß einbiegen, immer dem Pfad nach bis zum Stauweiher um den herum immer dem Weg nach, 1. Haus oben das man sieht ist Meyer. Ich schreib Dir nochmal nach Meyers Brief. Burgers haben jetzt Näherin oben. frau B. kommt auch schon um 1/2 8 morgens. Dadurch muß ich auch aufstehen. Gestern wieder im Neckar badet. Lustiges Leben dort, viel Kinder. Les jetzt den Spengler-Untergang. Wohl dem dem s nichts anhaben kann. Tulle! Wenn ich so einiges verarbeitet habe, nicht Bücher - sonder das latente in mir, mich überschauen übersehen kann, dann wirds gut sein. Dann werd ich wissen! Solang dies nicht ist wirst Du einen Zauderer und Träumer in mir haben, Freund seiner Sache. Versteh das recht und bescheide Dich - es muß sein u ich bin nicht faul es zu tun. Darfst denn Du nicht raus wenn ich z B an die Grenz käm, diesen Sommer? Sonst glaub ich lieber nicht als so ein Katz u Maus spiel in Säckingen wie Dus meinst. Aber wir wollen sehen. Geschäftsreisepaß kostet 25 MK; hat sich Burger erkundigt, der herein will wegen Geige. Brief muß jetzt schleunigst fort. Wird nicht reichen bis Sonntag. Leb wohl! Tull! Mußt keine so dumme Sachen machen u denken! Gelt! Oder hast mir nicht schrieben weil d sehen wollst was er wol macht der Bosk? ???? Tulle spricht: Zweifle an der Sonne Klarheit Zweifle an der Sterne Licht Zweifle ob Lügen kann die Wahrheit Nur an meiner Liebe nicht! Shakespeare Gruß u Kuß Dein Bosk

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