Worum es geht

Beschreibung

Die Blickrichtung dieser Komposition ist durch das leichte Aufwärtsstreben von links nach rechts vehement vorgegeben. Maria mit dem Jesuskind, der rechts stehende Josef sowie der links kniende Hirte bilden im kreisenden Liniengefüge, dem eine gewisse Dramatik nicht abzusprechen ist, eine Einheit. Jacopo Palma Il Giovane, der Großneffe von Jacopo Palma Il Vecchio (1480-1528), lässt vieles im Ungewissen, bedient sich aber stets einer sicheren, die Körper relativ klar umreißenden Strichführung. Weiche, fließende Rundungen wechseln mit Akzentuierungen in Parallelschraffur ab. Ganz verhalten wird Lavierung eingesetzt. Vergleichbares findet sich auch bei der »Taufe Christi« auf der Rückseite des Blattes: Der stützende Baumstamm rechts hält die ebenfalls in einer steilen Diagonale angeordnete Zweiergruppe zusammen. Diesmal hat Palma die Komposition zunächst in Rötel vorskizziert, um dann mit kräftigem Federstrich die Figuren näher zu differenzieren. Bei der ersten Ausstellung des Blattes nach dem Krieg war die Darstellung als »Die Taufe des Kämmerers durch Apostel Philippus« betitelt (Alte und neue Handzeichnungen aus dem Besitz des Wallraf-Richartz-Museums in Köln und der Württembergischen Staatsgalerie Stuttgart, Ausst.-Kat. des Württembergischen Kunstvereins Stuttgart im Künstlerhaus »Sonnenhalde«, Gähkopf 3 [März-April 1948], Stuttgart 1948, Nr. 86). Die Zeichnung befand sich ehemals im Besitz des württembergischen Hofmalers Nicolas Guibal (1725-1784), der sie Tintoretto (1518/19-1594) zugeschrieben hatte. Maria Aresin arbeitet derzeit an einem Projekt zu Palmas Zeichnungen und weist unser Blatt nicht ihm, sondern einem anonymen venezianischen Künstler mit dem Hilfsnamen »Maître mistérieux« oder »disegnatore misterioso« zu, von dem offenbar bisher keine Gemälde aber jede Menge Zeichnungen überliefert sind (vgl. Maria Aresin: Die Münchner Palma-Alben, in: Venedig. La Serenissima, hg. von Kurt Zeitler, Ausst.-Kat. Staatliche Graphische Sammlung, München [3.2.-8.5.2022], Berlin und München 2022, S. 82, 87 Anm. 70; Nicolas Turner vermutet dahinter evtl. El Greco, eigentl. Dominikos Theotokópoulos [um 1541-1614]; Nicolas Turner: A Proposal for El Greco as a Draftsman, in: Master Drawings 45, 2007, S. 291-324; vgl. auch Drawing in Tintoretto’s Venice, hg. von John Marciari, Ausst.-Kat. The Morgan Library and Museum, New York [12.10.2008-6.1.2009], u.a., New York 2008, S. 166-183).

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