Im Schiffbruch nicht schwimmen können

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Worum es geht

Beschreibung

Ein Speicher von Geschichte und Ort der Erinnerung ist der Louvre in Paris, in den Odenbachs Video »Im Schiffbruch nicht schwimmen können« führt: Drei afrikanische Männer unterschiedlichen Alters besuchen darin das weltberühmte Museum. Vor einem monumentalen Gemälde nehmen sie Platz und betrachten es schweigend. Während die Kamera das Bild stets nur in Ausschnitten und im Wechsel mit den Männern fokussiert, ist es leicht identifizierbar als Théodore Géricaults »Floß der Medusa« (1819). Es erzählt von einer menschlichen Katastrophe auf hoher See, als die französische Fregatte »Medusa« vor der Küste Mauretaniens im Juli 1816 auf Grund lief. Gerade hatte Frankreich seine Kolonie Senegal zurückerhalten. Weil die Beiboote nicht für alle reichten, baute die Besatzung aus den Masten ein Rettungsfloß für 149 Menschen. Doch kappte man das Verbindungsseil. 13 Tage trieben die Schiffbrüchigen daraufhin hilflos auf dem Meer, wurden ins Wasser gerissen, massakrierten sich gegenseitig. Nur 15 überlebten. In Frankreich entfachte die Nachricht einen Skandal und Géricaults schonungsloses Bild schockierte sein Publikum nachhaltig. Odenbachs Sequenzen im Louvre - begleitet von einem Balafon-Soundtrack des Musikers Ricky Ojijo - unterbrechen Aufnahmen von Meeresbrandungen vor der Küste Ghanas mit eingeblendeten Texten. Diese basieren auf Interviews, die Odenbach mit den drei Afrikanern zu ihrer Flucht über das Meer, ihrem Leben und ihren Gefühle von Fremdsein geführt hat. Indes weist »Im Schiffbruch nicht schwimmen können« schon im Titel unmissverständlich darauf hin, dass auch in der gegenwärtigen Flüchtlingskrise viele eine solche Überfahrt über das Mittelmeer nicht überleben. Wie in vielen seiner Arbeiten zieht Odenbach auch in diesem Video Verbindungslinien zwischen Geschichte und Gegenwart, Europa und Afrika und zeigt - indem er die politische Brisanz von Géricaults »Floß der Medusa« aktualisiert - einmal mehr, dass sich menschliche Katastrophen und Folgen von Kolonialpolitik damals wie heute nicht verdrängen lassen.

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