Die Sammlung Eduard Fuchs in der Staatsgalerie
Wir erhalten häufig Anfragen von Forscherinnen und Forschern, Museen und auch aus dem Kunsthandel nach Werken aus der Sammlung Eduard Fuchs. Da es sich bei ihm um einen Sammler handelte, der in der Zeit des Nationalsozialismus aus politischen Gründen verfolgt worden war, besteht oftmals Unsicherheit, wie die Provenienz solcher Werke zu bewerten ist. Dies wurde zum Anlass genommen, die Bestände in der Staatsgalerie zu untersuchen. Tatsächlich besitzen wir 12 Gemälde, 58 Postkarten, 1 Exlibris, ein Buch und vier Lithographien. Damit verfügen wir über die meisten Werke aus der Sammlung Fuchs. Grund dafür ist vor allem die Schenkung mehrerer Kunstwerke durch den Neffen Theodor Fuchs im Jahr 1960. Diese dürfen als unproblematisch betrachtet werden.
Problematisch ist jedoch die Erwerbung des Triptychons von Max Slevogt: »Der verlorene Sohn«.
Land Baden-Württemberg restituiert Gemälde aus der ehemaligen Sammlung Eduard Fuchs
Das Land Baden-Württemberg gibt das Triptychon »Der verlorene Sohn« von Max Slevogt (1899) aus dem Besitz der Staatsgalerie Stuttgart an die rechtmäßigen Erbinnen und Erben nach Eduard Fuchs zurück. Der sozialistisch-kommunistischer Schriftsteller, Kulturwissenschaftler und Kunstsammler Fuchs musste 1933 vor den Nationalsozialisten ins Exil fliehen, von wo aus er sich aufgrund gesundheitlicher und finanzieller Notlagen gezwungen sah, sein Restvermögen zu liquidieren und seine umfangreiche Kunstsammlung versteigern zu lassen.
Seine mehrteilige Publikation mit dem Titel »Illustrierte Sittengeschichte« machte Eduard Fuchs (1870–1940) bekannt und wohlhabend. Als überzeugter Kommunist war er 1918 Gründungsmitglied des Spartakusbundes und ein Jahr später der Kommunistischen Partei Deutschlands (KPD). Nachdem er sich 1928 von der KPD losgesagt hatte, trat er 1929 der Kommunistischen Partei-Opposition (KPO) bei. Zeit seines Lebens unterstützte er die sozialistische Arbeiterbewegung, war politisch aktiv und trat lautstark für Meinungsfreiheit ein –seine politische Gesinnung war zu jedem Zeitpunkt eindeutig und wurde ihm schnell zum Verhängnis nach der »Machtübernahme« der Nationalsozialisten. Bereits unmittelbar nach dem Reichstagsbrand, der der NSDAP als Vorwand zur gezielten Verfolgung politischen Gegner diente, wurde Fuchs am 27. Februar 1933 von der Polizei aufgesucht, er konnte sich jedoch einem Zugriff entziehen. Im März 1933 wurde seine Berliner Villa von der Gestapo geplündert und Teile seiner Kunstsammlung beschlagnahmt. Mehrere seiner Schriften wurden auf die Liste der verbotenen Bücher gesetzt und am 10. Mai 1933 bei der Bücherverbrennung vernichtet, was auch den Verlust seiner Tantiemen bedeutete. Fuchs gelang im März 1933 gemeinsam mit seiner zweiten Ehefrau Margarete Fuchs, geb. Alsberg (1885–1953), die Flucht ins Pariser Exil. Während Fuchs zum Kreis der aus politischen Gründen Verfolgten des NS-Regime gehörte, wurde seine Frau gemäß der nationalsozialistischen Ideologie als Jüdin definiert und somit rassisch verfolgt. Das Ehepaar sah sich gezwungen, im Exil zu verbleiben, wo sich der Gesundheitszustand von Eduard Fuchs zunehmend verschlechterte. Im Dezember 1936 bat er seine Tochter aus erster Ehe, Gertraud Fuchs (1897– 1960), sein verbliebenes Restvermögen zu liquidieren, um nicht nur sich selbst, sondern auch seine frühere Ehefrau Frida Fuchs, geb. Schön (1876– 1956), sowie Tochter weiter unterstützen zu können. Die umfangreiche Kunstsammlung von Eduard Fuchs wurde 1937/1938 in sechs Auktionen beim Auktionshaus Rudolph Lepke in Berlin sowie C. G. Boerner in Leipzig versteigert.
Das Triptychon »Der verlorene Sohn« von Max Slevogt befand sich von 1911 bis 1938 in der Sammlung von Eduard Fuchs. Gertraud Fuchs lieferte das Gemälde im Auftrag ihres Vaters zweimal zur Auktion bei Rudolph Lepke’s Kunst-Auctions-Haus in Berlin ein. 1937 blieb es unverkauft, im Juni 1938 wurde es bei einem Schätzpreis von 4.000 RM wohl für 1.500 bis 1.700 RM.
an einen unbekannten Käufer versteigert. Nach aktuellem Forschungsstand ist hier von einem Verkauf unter Wert auszugehen. Das Kunstwerk wurde erst 1949 wieder aktenkundig als Aktivum in der Bilanz der Firma Chiron-Werke in Tuttlingen an der Donau. Alleininhaber und Geschäftsführer der Firma war Otto Stäbler (1890–1955), aus dessen Vermächtnis die Staatsgalerie das Triptychon im Jahr 1956 erhielt. Bereits 2017 veröffentlichte die Staatsgalerie Stuttgart die Forschungsergebnisse der Provenienzforscherin Dr. Anja Heuß zur Sammlung Eduard Fuchs in Form eines Aufsatzes auf der eigenen Website: »Da die Provenienz des Triptychons von Max Slevogt nach eingehender Prüfung als ›problematisch‹ eingestuft werden muss, wurde Kontakt mit dem Erben aufgenommen. Der Erbe verzichtete gegenüber der Staatsgalerie Stuttgart in aller Form auf mögliche Ansprüche«. Wie sich nach der Kontaktaufnahme durch Dr. Sabine Rudolph herausstellte, war der genannte Erbe zu keinem Zeitpunkt legitimiert, im Namen der gesamten Erbengemeinschaft Fuchs zu handeln. Der früher geäußerte Verzicht auf den Rückgabeanspruch ist somit nichtig. Nach konstruktiver Zusammenarbeit mit dem Fuchs-Forscher Dr. Ulrich Weitz und Dr. Sabine Rudolph kommt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg in enger Abstimmung mit der Staatsgalerie Stuttgart auch nach erneuter Prüfung zu dem Schluss, dass es sich um NS-verfolgungsbedingt entzogenes Kulturgut handelt. Die Naturalrestitution wird aktuell umgesetzt. Für das Jahr 2025 plant die Staatsgalerie eine Veranstaltung zur Erinnerung an den in Göppingen geborenen Sammler Eduard Fuchs.