Worum es geht
Portfolio der s. g. productions, Frankfurt am Main, Expl. 3/5. - Konkrete Poesie wird von herman de vries so wörtlich genommen wie von kaum einem anderen Künstler: »meine poesie ist die welt«, lautet sein Credo. Seine Welt ist insbesondere die Natur, in der der Mensch nur ein Teil ist und in der auch das vermeintlich Geringste - ein abgefallenes Laubblatt etwa - seine Geltung und seine Geschichte hat: es steht für das Sein als Ganzes. Das Portfolio »eschenauer blätter« vereint drei Collagen von Blättern, die herman de vries in seinem Garten aufgelesen hatte. Die erste ›Blatt-Lese‹ vom 16. April 1975 umfasst je 8 in 3 Rasterzeilen nach dem Zufallsprinzip aufgereihte Buchenblätter in den unterschiedlichsten Erhaltungszuständen/Wandlungsformen; mit ihren »24 chance & change documents« ist sie gleichsam eine Lehrtafel »over de typografie van het toeval«, wie die Bildunterschrift besagt. In der zweiten, unbeschrifteten Collage erzeugt die Natur selbst die Komposition aus vier Buchenblättern, die der Wind an die vom Künstler fixierte Position getragen hatte. Analog zu einer Variante in Inv. Nr. AS 2016/3241 bilden die Blätter ein »poem«: ein konkretes Gedicht, das ganz ohne Worte seinen gedankenbeflügelnden Sinn zu entfalten vermag. Die dritte Collage bringt dezidiert die Zeit ins Spiel der Gestaltung der Natur. Ein halbes Jahr ist seit der ersten Blattlese vergangen. herman de vries dokumentiert den Laubfall seines Eschenauer Zwetschgenbaumes am 30. Oktober 1975 zwischen 14 Uhr 15 und 14 Uhr 45. 13 Blätter in eben dieser Formation hatte der Herbstwind dem Künstler beschert.
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