m 16. und 17. Jahrhundert kam es in den Niederlanden – trotz größter politischer Spannungen – sowohl in wirtschaftlicher als auch in kultureller Hinsicht zu ungemeinem Reichtum und großer Mannigfaltigkeit. Erst mit dem »Westfälischen Frieden« von 1648 beruhigte sich das Land, dessen Spaltung in ein flämisches und ein holländisches Gebiet sich über mehrere Jahrzehnte hinzog. Vor dem Hintergrund dieser sich allmählich vollziehenden Trennung in ein katholisches, spanisch regiertes Königreich und ein von diesem unabhängiges calvinistisches Holland muss die Entwicklung der Landschaftsmalerei gesehen werden. Obwohl sich politisch, religiös und historisch gesehen unbestritten eine Grenze herausbildete, zeigt gerade ein intensiver Blick auf die Landschaftsmalerei jener Zeit, dass in künstlerischer Hinsicht mehr Beziehungen zwischen den beiden Regionen bestanden haben, als gemeinhin angenommen wird.
Mit ihren 90 Gemälden und 33 graphischen Werken aus bedeutenden Kunstmuseen und Privatsammlungen der Welt vermag die Ausstellung einen repräsentativen Überblick über die Entwicklung der niederländischen Landschaftsmalerei vom beginnenden 16. bis ins ausgehende 17. Jahrhundert zu geben. Die Gemälde werden inhaltlich in 13 Gruppen präsentiert, innerhalb derer jedoch die Chronologie eine nur untergeordnete Rolle spielt. Diese entwicklungsgeschichtlich relevanten Gruppierungen führen den Facettenreichtum der niederländischen Landschaftsmalerei erst vor Augen. So zeigt die Ausstellung beispielsweise, wie sich im 16. Jahrhundert schrittweise die ›Welt-‹ zur ›Überblickslandschaft‹ wandelt, um alsdann im folgenden Jahrhundert zum ›Panoramabild‹ zu werden. Nicht mehr die Ganzheit der Welt und ihre Ordnung ist das Thema, vielmehr ist es das Ziel der Künstler eine größtmögliche, unermessliche Weite im doch immer begrenzten Bild wiederzugeben.
Andere Gattungen, die ›entdeckt‹ werden können, sind die skandinavische, italienisierende und brasilianische Landschaft, die stets im Gewand der heimatlichen Region dargestellt wurden und – wie nebenbei – die Reisefreudigkeit und Kolonialgeschichte der Niederländer widerspiegeln. Ein großes Themengebiet der niederländischen Künstler war die Dünen-, Fluss-, Küsten- und Seelandschaft, was bei einem Land, das der Schifffahrt seinen Reichtum verdankt und eine mehrere hundert Kilometer lange Küste besitzt, nicht verwundert. Im Graphikkabinett wird anhand der Werke von so namhaften Künstlern wie Hendrick Goltzius, Hercules Segers oder Rembrandt die wichtige Rolle der Graphik für die Entwicklung der jeweiligen Landschaftstypen offensichtlich.
Gerade durch diese thematische Einteilung in verschiedene Landschaftstypen wird deutlich, dass wechselseitige Abhängigkeiten unter den künstlerischen Schulen – wie es sie etwa in Antwerpen, Brüssel, Amsterdam, Den Haag oder Utrecht gab – stets bestanden haben und auch gang und gäbe waren. Da dieser entscheidende Umstand in der Kunstliteratur zumeist übersehen bzw. der Einfachheit halber übergangen wurde, erweist sich die erstmalige, allein inhaltliche Wahrnehmung der niederländischen (d. h. holländischen und flämischen) Landschaftsmalerei nicht nur als legitim, sondern als überaus aufschlussreich.
Die große Schönheit der einzelnen Werke kommt insbesondere durch die Darbietung in überschaubaren Kabinetträumen zum Ausdruck. Mittels einer solch intimen Präsentation können die unterschiedlich dargestellten Naturstimmungen der Landschaften nicht nur ihre sinnliche Wirkung entfalten, sondern auch in großer Ruhe wahrgenommen werden.