Königin Olga von Württemberg sammelte im Laufe ihres Lebens 86 Aquarelle und Gouachen mit Innenansichten ihrer Wohn- und Repräsentationsräume und fasste sie in einer weinroten Kassette, dem »Olga-Album«, zusammen. Die Tochter des russischen Zaren Nikolaus I. heiratete 1846 in Sankt Petersburg den Thronfolger und späteren König Karl I. von Württemberg. Das »Olga-Album« spannt den biographischen Bogen vom »Hotelzimmer in Florenz«, in dem Olga auf der Rückkehr nach der Verlobung mit Karl 1846 in Palermo residierte, bis hin zum »Sterbezimmer d. Königs Karl, den 6. October 1891«. Der Besucher erhält Einblick in die Wohn- und Repräsentationsräumen des württembergischen Königspaars im Alten und Neuen Schloss, im Kronprinzenpalais, in der Villa Berg, in Schloss Friedrichshafen sowie in Schloss Solitude und Schloss Ludwigsburg. Außerdem sind die Räumlichkeiten ihrer Adoptivtochter Großherzogin Vera und von deren Kindern Elsa und Olga in der Akademie und der kleinen Villa Berg sowie von Herzogin Henriette in Schloss Kirchheim zu sehen. Die früheste Zeichnung ist 1846 datiert, dem Jahr der Hochzeit von Karl und Olga, die letzte zu Olgas Lebzeiten entstand 1891.
Die detailreichen Darstellungen schildern eindrücklich, wie die württembergische Königsfamilie im 19. Jahrhundert lebte und mit welchen Ausstattungsgegenständen, Möbeln und Kunstwerken sie sich umgeben hat.
Neben ihrem dokumentarischen Wert strahlen die mit bemerkenswerter zeichnerischer Präzision ausgeführten Blätter eine beeindruckende Atmosphäre aus: Auch wenn nur äußerst selten Personen erscheinen, wird doch der Eindruck vermittelt, diese hätten den Raum gerade verlassen, kurz unterbrochen in ihren Gesprächen, Arbeiten oder Vergnügungen, oder würden gleich dahin zurückkehren. Nichts erscheint für das »Porträt« des Raumes gestellt oder extra aufgeräumt, Tische können beispielsweise gedeckt sein, ein Mantel noch achtlos über einem Stuhl liegen oder eine angefangene Lektüre noch aufgeschlagen sein.
Der von Olga eindeutig bevorzugte Zeichner war Franz Heinrich (1802–1890), der an der Wiener Akademie studierte. Außerdem enthält das Album u.a. Blätter von Pieter Francis Peters (1818–1903), Johann Caspar Obach (1807–1865) und Adolf Charlemagne (1826–1901). Die Qualität der künstlerischen Leistung ist unterschiedlich und reicht von ausgebildeten Malern bis zu Maler-Dilettanten sowie in zwei Fällen auch Mitgliedern des Herrscherhauses: So zeichneten die beiden Töchter von Großherzogin Vera und Herzog Wilhelm Eugen IV., die Zwillingsschwestern Elsa und Olga, am 11. September 1891 jeweils ihr Spiel- und Schulzimmer in der Akademie Stuttgart, von Königin Olga handschriftlich als »Rutsch Zimmer der Kinder« bezeichnet.
Die erstmalige Ausstellung des kompletten »Olga-Albums« möchten wir zum Anlass für einen Aufruf nehmen: Im Hinblick auf die weiteren Forschungen sind wir und auch das Landesmuseum Württemberg für jeden Hinweis (der selbstverständlich vertraulich behandelt wird) auf noch vorhandene Ausstattungsstücke in privatem und öffentlichen Besitz dankbar.
Das komplette Album finden Sie im digitalen Katalog der Staatsgalerie. Ein Katalog zur Ausstellung ist erschienen.